MIT RIOS SCHULDENHUT AUF DU UND DU: Atempause für Brasilien
■ Brady-Plan gewährt bis zu 35Prozent Nachlaß
Rio de Janeiro (taz) — Das wichtigste sind die Zinsen und die Zahlungsgarantie. Zurückzahlen muß Brasilien seine Schulden bei den privaten Gläubigern erst in 30 Jahren. Dies sind einige der Bestimmungen des Abkommens zur Refinanzierung der brasilianischen Auslandsschuld, das am Donnerstag in New York unterzeichnet wurde. Der brasilianische Präsident Fernando Collor de Mello wies darauf hin, daß Brasilien bessere Bedingungen ausgehandelt habe als jedes andere Land.
Die Refinanzierung der 44 Milliarden Dollar (66 Milliarden Mark) bei seinen privaten Gläubigern nach dem Plan von Ex-US- Schatzmeister Nicolaus Brady verschafft Brasilien erst einmal eine Atempause. Die Laufzeit der drei verschiedenen Schuldentitel beträgt zwischen zehn und dreißig Jahre. Der „discount bond“ gewährt bei einer Laufzeit von 30 Jahren einen Abschlag von 35Prozent. Der Nachlaß der brasilianischen Auslandsschuld hängt jedoch davon ab, wieviele Privatbanken sich letztendlich für den „discount bond“ entscheiden. Die beiden anderen möglichen Schuldentitel, „par bond“ und „new money bond“, werden eins zu eins gegen die alten Schuldentitel eingetauscht. Lediglich die Laufzeiten und Zinsraten variieren.
Bei den Zinsen, die alle sechs Monate fällig werden, gibt es für Brasilien keinen Abschlag — im Gegenteil: Auf die in London frei festgelegte Rate, genannt „Libor“, werden noch 0,825 Prozent draufgeschlagen. Nur der Schuldentitel „par bond“ hat eine feste Zinsrate, die jedoch mit 6,25 Prozent deutlich über dem Marktniveau liegt. Das neue an dem Schuldenvertrag ist, daß diesmal die Vereinigten Staaten die Bürgschaft für Brasilien übernehmen. Als Garantie gibt die US-Staatskasse sogenannte „zero coupon bonds“ heraus. Brasilien hat sich bereits verpflichtet, Papiere im Wert von 1,6 Milliarden Dollar zu kaufen. Den Rest steuern Weltbank, Währungsfonds und die Gläubigerbanken selbst bei.
Dank der Zinserträge entsprechen die US-Staatspapiere in 30 Jahren etwa dem Wert der heutigen brasilianischen Auslandsschuld bei den Privatbanken. Sollte Brasilien also nicht zahlen, gehen die Banken dennoch nicht leer aus. Die Regierung Bush schlägt mit der Bürgschaft gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Sie hat nicht nur die Wirtschaftspolitik des größten Landes Lateinamerikas fest im Griff, sondern verschafft sich auch dringend benötigtes Investitionskapital.
Die deutschen Banken zögerten den Abschluß des Vertrages bis zur letzten Minute heraus. Der Grund: Brasilien hat keine der Forderungen erfüllt, die mit den deutschen Krediten aus dem Jahr 1988 verbunden waren. Astrid Prange
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