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Rühe rüstet Blauhelm-Bataillone

■ Während noch über deutsche Beteiligung an der Adria-Blockade debattiert wird, geht Rühe schon weiter

Bonn (dpa/ap/taz) — In der Bundesrepublik tobt der Streit um eine deutsche Beteiligung an den Militäraktionen zur Durchsetzung der Sanktionen gegen Serbien und Montenegro. Während Nato-Generalsekretär Manfred Wörner, Außenminister Klaus Kinkel (FDP) und Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU) die Entsendung deutscher Soldaten in die internationale Truppe von Nato und WEU zur Überwachung des UN-Embargos am Wochenende befürworteten, kündigte die SPD entschiedenen Widerstand an. Der außenpolitische Sprecher der SPD- Bundestagsfraktion, Karsten Voigt, bekräftigte die Drohung einer Verfassungsklage gegen einen solchen Befehl. Die Bundesregierung will Anfang der Woche über ihr Vorgehen entscheiden.

Verteidigungsminister Rühe will schon jetzt mit der Aufstellung spezieller Bundeswehrbataillone zur Vorbereitung für den Einsatz als UNO- Blauhelme beginnen. Zwar sei ihm klar, sagte er im ZDF, daß hierfür derzeit noch die verfassungsrechtlichen Grundlagen fehlten. Auch nach einer Grundgesetzänderung komme Jugoslawien für einen deutschen Blauhelm-Einsatz nicht in Frage, betonte er weiter. Aber er hob die Bereitschaft, die Bundeswehr an den beschlossenen Blockadeeinsätzen zu beteiligen, mit den Worten hervor: „Alles, was wir machen, sind humanitäre Aktionen bzw. Maßnahmen, um den Vereinten Nationen zu helfen, das Embargo durchzusetzen.“

Den SPD-Vorschlag für eine Grundgesetzänderung, eine deutsche Beteiligung auf friedenssichernde Blauhelm-Einsätze zu beschränken, lehnt Rühe weiter ab. „Niemand will Kampfeinsätze“, sagte er. Dies müsse die „Ultima ratio“ bleiben. Aber dennoch sollten auch die Deutschen die gleiche Verantwortung übernehmen wie ihre Nachbarn. „Ich glaube, die SPD muß sich hier bewegen.“ Außenminister Kinkel deutete dagegen die Bereitschaft an, lieber im Konsens mit der SPD eine einschränkende Grundgesetzänderung hinzunehmen, als überhaupt keinen Fortschritt zu erzielen.

Nach Darstellung Wörners gibt es international „eine große Erwartungshaltung“, daß sich die Bundesrepublik an den Blockadeaktionen im Rahmen der Westeuropäischen Union (WEU) und der Nato beteiligt. Zur Durchsetzung des UN-Embargos gegen Rest-Jugoslawien sollen voraussichtlich Schiffe und Flugzeuge der ständigen Mittelmeerflotte der Nato in die Adria vor Jugoslawien verlegt werden. Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Karl Lamers, will deutsche Marineflieger in diesen Einheiten sehen. Allerdings dürften sie nicht in Kämpfe verwickelt werden.

Der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Paul Breuer, bezeichnete eine Beschränkung der Bundeswehr auf Blauhelm- Einsätze als nicht praxisorientiert. Die Lage in Jugoslawien zeige, daß die Grenze zwischen Blauhelm- und Kampfeinsätzen fließend sei. Es dürfe nicht der Eindruck erweckt werden, „als ob UN-Blauhelm-Soldaten mit Blümchen im Gewehr“ eingesetzt würden.

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