Auf dem schmalen Grat der Clowns und Mimen

■ Im St. Pauli-Theater gastieren vom 17. bis 26.7. internationale Pantomimen/Grenzen der stummen Kunst erweitern sich

gastieren vom 17. bis 26.7. internationale

Pantomimen/ Grenzen der stummen Kunst erweitern sich

Im Hamburger Sommer hat auch die professionelle Körpersprache ihren Auftritt: In diesem Jahr findet - nach 1990 zum zweiten Mal - das internationale Festival der Clowns und Pantomimen - Mimen, Possen, Poesie - vom 17. bis 26. Juli im St. Pauli-Theater statt. Diesmal ist es dem Urvater der Pantomime Etienne Decroux gewidmet, der im März 1991 im Alter von 92 Jahren in Paris starb. Der israelische Mime und künstlerische Leiter des Festivals Elie Levy hat neun internationale Künstler und Ensembles der Decroux-Nachfolge am Spielbudenplatz versammelt. Die Kulturbehörde gibt 110000 Mark dazu.

Die in Hamburg gastierenden Vertreter der Körperkunst zeigen Aspekte der gegenwärtigen Situa-

tion der Pantomime: Die Grenzen zur Performance, zum Sprech- und Tanztheater sowie zur Musik sind fließend. Die Kunst des Schweigens - einst geboren aus der Not umherziehender Gaukler, denen das Privileg der höfischen Theater, das gesprochene Wort benutzen zu dürfen, vorenthalten blieb - beginnt sich heute auch anderer Ausdrucksmittel, die über die Körpersprache hinausgehen, zu bedienen.

Die klassische Commedia dell' Arte gehört ebenso zu den spielerischen Elementen wie Slapstick, absurde Komik bis hin zur Poesie der reinen Bewegung. Decroux steht für einen sehr asketischen Stil der Pantomime, deren Ziel es sein sollte, das Innerste körperlich zu offenbaren. Doch schon seine bei-

den berühmtesten Schüler Marcel Marceau und Jean-Louis Barrault, der mit Die Kinder des Olymp einen der schönsten Filme aller Zeiten schuf, haben diese Form der Mime Corporel Dramatique spielerisch aufgelöst und individuell weiterentwickelt.

Die Arbeiten der nächsten Generationen von Decroux-Schülern und die Spielarten der modernen Pantomime stehen im Mittelpunkt des Hamburger Programms. Der Amerikaner Daniel Stein eröffnet das Festival mit seinem Stück Timepiece, das Tanz und Mimik, sowie das Spiel mit Masken miteinander verbindet. Yves Lebreton führt mit Akrobatik und Slapstick in die Welt der lausbubenhaften Clowns ein. Das Schweizer Bewegungstheater Flexibelle bewegt sich auf den Spuren des Triadischen Balletts von Oskar Schlemmer. Die italienische Gruppe I Pendolari dell' Essere bemüht sich absurd, komisch, kabarettistisch und mit lautmalender Comic-Sprache um die ewige Geschichte der Liebe. Das Belgische Mimenstudio Pyramid op de punt beschäftigt sich, ganz im Sinne Decrouxs, mit Zwängen und Engen der menschlichen Gefühlspalette. Die Inhalte ihres visuellen Dramas erinnern an Beckett; die Sprache der nackten Körper zeigt den Einfluß des japanischen No-Theaters.

Makaberes versprechen Cvoci aus der CSFR mit Crash: Opfer eines

Unfalls treffen sich im Krankenhaus wieder und geben Anlaß zu schwarzem Humor mitteleuropäischer Tradition. Stephen Wasson und Corinne Soum, die beiden letzten Assistenten Decrouxs, bilden das ThéÛtre de l'ange fou und zeigen die Szenenfolge Der Mann, der aufrecht stehen wollte, die sie aus zwölf Werken ihres Meisters zusammenstellten, und womit sie seine wichtigsten Schöpfungen rekonstruierten. Eine chaplineske Liebesgeschichte

präsentieren Abel & Gordon aus Belgien mit La danse des Puless. Bolek Polivka aus der CSFR setzt mit Le bouffon et la reine, einer Mischung aus Shakespeare'schem Theater und Commedia dell'arte, den Schlußakzent des Fesitvals. Annette Kaiser

Die Eintrittspreise liegen zwischen 15 und 35 Mark. Karten an den bekannten Vorverkaufsstellen und der Theaterkasse, Ermäßigung von 20 Prozent beim Kauf von 3 Karten