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Schäuble! Setzen!! Von Mathias Bröckers

Die Diskussion um die Pflegeversicherung ist mittlerweile selbst zum Pflegefall geworden; und wie das in solchen Fällen ist — es hängt an der Finanzierung. Daß ausgerechnet CDU-Fraktionschef Schäuble nicht müde wird, die Anrechnung von Krankheitstagen auf den Urlaub zu fordern, entbehrt nicht einer gewissen Perfidie: wie will man einem Mann im Rollstuhl vorwerfen, daß er für Kranke kein Verständnis hat? Das ist nicht so leicht, und wahrscheinlich hat man ihn deswegen auch als Wortführer der Kampagne ausgeguckt. Entsprechend dreist zieht der CDU-Fraktionschef eine Variante nach der anderen aus der Schubalde und läßt sich selbst von Warnstreiks und scharfen Gewerkschaftsprotesten nicht abhalten. Sogar mit der nach dem 218-Kompromiß ohnehin schwer beleidigten Kirche legt er sich an und fordert zum Segen der Staatsfinanzen das Opfer hoher Feiertage. Ja ist denn dieser Christenunion überhaupt nichts mehr heilig? Zugegeben, es war in den letzten knapp 2.000 Jahren mit der an Pfingsten angeblich massenhaft zuteil werdenden Erleuchtung nicht sehr weit her, man könnte sogar von zunehmender Verdunkelung katholischer Herzen und Hirne sprechen, aber ist das ein Grund, den Pfingstmontag abzuschaffen? Ist es nicht geradezu blasphemisch, in hoffnungslosen Zeiten wie diesen auch noch die Hoffnung auf den Heiligen Geist fahren zu lassen, indem man ihm seinen Auftrittstermin auf einen läppischen Sonntag zurechtstutzt? Da sieht man mal wieder, was für ein trüber Kardinalsverschnitt dieser Bischof Dyba ist — über quasi ungelegte Eier einen Riesenlärm machen, aber für den Pfingstmontag noch keine einzige Warnglocke aus Fulda. Na ja, wahrscheinlich war er auf der Luftfahrtschau, um das Pappmodell des Jäger 90 prophylaktisch einzusegnen...

Was nun die Finanzierung der Pflegeversicherung betrifft, haben wir, wie schon vor Jahren in Sachen „Jäger“, hier an dieser Stelle die definitive Lösung parat und bitten die taz-Begutachter im Bundespresseamt, die Lösung den Entscheidungsträgern rasch zukommen lassen — damit es nicht wieder ein jahrelanges Gehänge und Gewürge gibt. Wenn es denn nun schon sein muß, dann kommt doch nur ein einziger Feiertag in Frage: der 3. Oktober. Erstens hat ihn die amtierende Regierung selbst eingeführt, und niemand könnte etwas dagegen sagen, wenn sie ihn vor ihrem Abgang schnell wieder abschafft. Zweitens hat an einem verregneten Oktobertag kein Mensch irgend etwas zu feiern. Drittens legt derzeit weder in Ost noch in West irgendein Mensch Wert darauf, an diese völlig verkorkste Einheit auch noch mit einem Feiertag erinnert zu werden. Und außerdem macht es doch nur Sinn, solange die Einheit noch so verkorkst ist, etwas praktisch dagegen zu tun. Und etwas tun, das können die Deutschen immer noch am besten, wenn sie einfach arbeiten müssen — ansonsten fangen sie an zu denken und dann zu trinken und das endet dann meist übel. Allein die Ausfallquote durch den am 4. Oktober... Also bleibt nichts anderes, wenn man denn schon bei Siemens und anderen nicht einfach mal staatsstreichartig per Notsteuer-Erlaß ein bißchen Kriegskasse beschlagnahmen darf, als den 3. Oktober zu streichen. Den Vaterlandsfreunden muß dadurch der Spaß am Nationalfeiertag nicht unbedingt geraubt werden, man könnte ihn ja einfach verlegen. Derzeit käme eigentlich nur ein passendes Datum in Frage: Buß- und Bettag.

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