Vulkan will neues Geld und „europäischer Konzern“ werden

■ Mit Ost-Werften 20.000 Arbeitsplätze / Gewinne aus Elektronik

74 Millionen Mark Gewinn weist der Geschäftsbericht der Vulkan-AG für das zurückliegende Geschäftsjahr 1991 aus, der Konzern „hat Tritt gefaßt“ und ist „auf gutem Wege“. So beschrieb Vorstandsvorsitzende Dr. Friedrich Hennemann auf der Bilanzpressekonferenz die Lage seines Konzerns. Die Aktionäre sollen dennoch einmal mehr in die Röhre gucken. Wie die Lage am Ende des laufenden Jahres für 1992 aussieht, wollte er nicht prognostizieren. Dies werde zu einem guten Teil von den Werftsubventionen abhängen, denn Gewinne erwirtschaften nur die Bereiche „Elektronik“ und „Industrie“ des inzwischen 15.000 Menschen beschäftigenden Konzerns. Im Schiffbau liegen aber 300 Millionen Mark des Vulkan- Kapitals fest.

„Dividendenfähigkeit“ ist dabei dennoch angestrebt, gleichzeitig sollen die Aktionäre eine Kapitalaufstockung über 268 Millionen in Form von „genehmigtem Kapital“ beschließen. Dies erscheint ein Widerspruch, denn je größer das Grundkapital ist, auf desto mehr dividendenhungrige Aktionärs-Mäuler muß ein eventueller Gewinn verteilt werden. Auf der Hauptversammlung am 20. August will Hennemann den Aktionären das Gegenteil klarmachen: Eine Dividende sei „leichter mit einer Milliarde Grundkapital zu verdienen als mit nur 732 Millionen“, erklärte er auf der Bilanz-Pressekonferenz. Begründung: Das neue Geld soll in den kommenden Jahren zur Akquisition „überdurchschnittlich ertragsstarker Unternehmen“ verwendet werden, Ziel bleibe es, den Schiffbau-Anteil im Konzern unter 50 Prozent zu halten. Auch im Schiffbau „trauen wir uns die Auseinandersetzung mit den Japanern zu“, formulierte Hennemann. Das Problem seien die hohen Subventionen anderswo: „Den Wettbewerb mit dem japanischen Finanzministerium kann man uns nicht zumuten.“

Für seine weitere Expansionsstrategie setzte der Vulkan-Verbund auf Spitzentechnologie. Im Bereich Elektronik etwa sind 60 Prozent der Aufträge Militärelektronik, vom Umfang her rechnet der Vulkan-Chef hier nicht mit Kürzungen. Die Bundeswehr werde eine kleinere, aber hochmoderne Armee werden.

Wenn die mit der Treuhand ausgehandelten Verträge über die Matthias Thesen-Werft in Rostock unterschrieben sind, will der Vulkan diese Werft modernisieren und mit zwei chinesischen Großaufträgen auslasten. Mit den Mecklenburg-Vorpommerschen Neuerwerbungen dürfte der Konzern über 20.000 Arbeitnehmer beschäftigen.

Die weitere Perspektive des Konzerns, so erklärte Hennemann, liege dann nicht mehr in Deutschland: „In eine europäische Dimension hineinzuwachsen ist unser erklärtes Ziel.“ Auch auf dem europäischen Markt strebe der Vulkan dabei grundsätzlich Mehrheits-Übernahmen an.

In den Aufsichtsrat sollen diesmal drei Bankenvertreter gewählt werden: Klaus Müller-Gebel (Commerzbank), Bernd W. Voss (Dressdner Bank) und Louis Graf von Zech (BHF-Bank, für den zur Treuhand gewechselten Norbert Henke). Nach wie vor beantwortet der Vulkan-Chef die Frage nach möglichen Großaktionären allerdings mit seiner Standard- Formel, man wisse darüber nichts. Immerhin muß der Kapitalerhöhung als „genehmigtem Kapital“ eine 3/4-Mehrheit der Aktionärsversammlung zustimmen. Wenn nur kleine Aktionäre ihr Stimmrecht ausüben und sich um ihre Dividenden sorgen, könnte dies knapp werden.

Commerzbank und Dresdner Bank sollen allerdings über mehr als 25 Prozent der Aktienkapitals verfügen.

K.W.