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„Dies ist ein Friedensaufzug“

■ Verteidigungsminister Rühe verabschiedet deutsche Soldaten in die Adria

Die Karawane zieht gen Süden, und die Hunde bellen nicht einmal: Während in Bonn die SPD noch über eine Verfassungsklage gegen den militärischen Einsatz in der Adria nachdachte, startete am frühen Abend vom Marinefliegerstützpunkt im kleinen Nordhorst bei Cuxhaven ohne jeglichen Protest vor Ort das erste Seeaufklärungsflugzeug gen Süden.

Doch bevor der militärische Einsatz gestartet wird, heißt es erst einmal warten: Bundesverteidigungsminister Volker Rühe, der extra zum Händeschütteln aus Bonn einfliegen soll, sitzt noch im Verteidgungsausschuß. Der „Ehrenzug“, der seinen obersten Dienstherrn empfangen soll, wird vorerst wieder in den Schatten abkommandiert. Die Besatzung des ersten von drei Aufklärungsflugzeugen, die vom Marinefliegergeschwader Nordhorst die Einhaltung des UNO-Embargos gegen Restjugoslawien überwachen sollen, gibt sich betont gelassen und versteht den ganzen Rummel um sie eigentlich nicht: „Das ist ein ganz normaler Ein

satz“ ist einhelliger Tenor der zwölf Offiziere, die sich gestern auf den Weg zu ihrem neuen Stützpunkt El Mas auf Sardinien machten. Insgesamt sind etwa 90 Soldaten zum Einsatz in der Adria abkommandiert. „Es gab sogar einige, die traurig waren, weil sie nicht mitdurften“, erzählt Staffelkapitän Bernd Albrecht. Die Crew besteht aussschließlich aus Zeit- und Berufssoldaten: Das ist allerdings Zufall, auch Wehrpflichtige hätten zum WEU-Einsatz abkommandiert werden können.

Der Cuxhavener Oberkreisdirektor, der Nordhorster Bürgermeister und der Gemeindedirektor sind derweil aufgelaufen, um der Truppe „den Rücken zu stärken“ - und das, obwohl es doch eigentlich kein besonderer Einsatz sei, wie ein Bundeswehrsprecher betont. „Statt zu Aufklärungsflügen in den Norden geht es jetzt halt mal in den Süden“, witzelt ein Soldat mit den hohen Herren.

Die handvoll Zaungäste wird derweil ungeduldig, der Minister läßt auf sich warten. Auf dem Rollfeld steht die Maschine, Typ „Breguet Atlantic“, bereit. Unter dem Bauch der Maschine ist das ausfahrbare Radargerät zu erkennen. Vorne in der gläsernen Nase befindet sich ein Ausguck, am Rumpf können zwei Soldaten rundum das Geschehen auf See beobachten. Angst vor Konfrontation oder Angriffen haben die deutschen Piloten nicht: „Wir sind früher auch schon mal über der Ostsee Auge in Auge mit sowjetischen Piloten geflogen. Und wir haben den Auftrag, lediglich zu beobachten“, sagt Albrecht.

Nach zwei Stunden Warten heißt es endlich: „Der Minister schwebt ein.“ Der Ehrenzug und die Soldaten stehen bereit. Rühe schreitet die Reihen ab, schüttelt

Hände. „Dies ist ein Friedensauftrag“, betont er, und „Sie leisten hier einen wichtigen Beitrag für Deutschland. Durch diesen Einsatz soll dem Krieg in Jugoslawien die Sauerstoffzufuhr abgedreht werden.“ Deutschlands Möglichkeiten seien durch seine Geschichte begrenzt, „aber was wir tun können, sollten wir tun“, so Rühe. Der Unterstützung der deutschen Bevölkerung ist er sich sicher.

Ein letzter Rundgang des Ministers durch das Marineflugzeug, dann starten die Motoren. Rühe läßt sich mit einem Gehörschutz fotografieren, er ist symbolisch bei seinen Soldaten, und zum Abschied winken weiße Schirmmützen: Um 17.39 Uhr startet der Bundeswehrflieger zu seinem Einsatz in Richtung Kriegsgebiet. Susanne Kaiser

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