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Berliner Bezirke werden entmachtet

■ Bei Bundesbauprojekten haben die Bezirke laut Hauptstadtvertrag nichts mehr zu sagen

Berlin. Am Dienstag wird der Berliner Senat den Hauptstadtvertrag abstimmen. Dieser Vertrag wird in den nächsten zwei Monaten dem Bundeskanzler zur Unterschrift vorgelegt werden, und dies trotz heftiger Proteste der betroffenen — übrigens meist rot-grünen — Bezirke, die weitgehend entmachtet werden. So wird den Bezirken, wenn es um Vorhaben des Bundes geht, das Recht genommen, Bebauungspläne und Erschließungspläne aufzustellen oder sich um Naturschutz und Denkmalschutz zu kümmern. Außerdem werden demnach Planvereinfachungs- und Beschleunigungsverfahren, die bislang nur für die ehemalige DDR und vorübergehend geschaffen wurden, befristet auch für den Westteil der Stadt gelten. In einem Parlaments- und Regierungsbereich im Zentrum der Stadt, der vom Großen Stern bis hinter den Alexanderplatz reicht, ist der Verkehrssenator für alle Straßen, auch die kleinen, zuständig. Und schließlich kann der Bund seine Erfordernisse selber feststellen. Und mehr noch: Das Baugesetzbuch ist so zu ändern, daß diesen Erfordernissen besonders Rechnung getragen wird.

Der Senat und das Abgeordnetenhaus werden nun den Teil des Vertrags absegnen, der die Zuständigkeit der Bezirke neu regelt — beziehungsweise deren Entmachtung festschreibt. Der Teil des Vertrages, der das Baugesetzbuch ändert, wird von der Bundesregierung in den Bundestag und den Bundesrat eingebracht.

Der Vertrag ist schon seit Monaten umstritten. Ursprünglich hatte die Bundesregierung ihren Vorhaben einen Vorrang in der Bauleitplanung einräumen wollen. Die Formulierung, auf die man sich nun einigte, ist die, daß den Erfordernissen des Bundes »besonders« Rechnung getragen werden müsse. Die SPD im Bundestag hatte sich gegen den Vorrang ausgesprochen, ob sie dieser Formulierung zustimmt, bleibt abzuwarten. Der Berliner SPD-Chef Walter Momper hatte sich bereits öffentlich dagegen ausgesprochen. Die Fraktion Bündnis90/Grüne wandte sich gestern gegen die Bezirksentmachtung. Berlin habe sich zum eigenen Schaden auf eine Geheimhaltungspolitik eingelassen. Um zumindest dieser etwas entgegenzusetzen, dokumentiert die taz den Vertrag. Ausgelassen wurde nur Unwesentliches, etwa zur Größe des gemeinsamen Ausschusses. Alle kursiven Hervorhebungen stammen von der Redaktion. Eva Schweitzer

Siehe auch Kommentar auf Seite 17

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