: Auf der Straße der Sieger
■ betr.: "Verein der Wiedergänger", taz vom 14.7.92
Betr.: „Verein der Wiedergänger“ von Reinhard Mohr,
taz vom 14.7.92
Nicht Mitglieder des „Komitees für Gerechtigkeit“ stellt Reinhard Mohr vor, sondern das who ist who der eigenen Vorurteile — und: wie Haß blind macht. Es bedeutet für den Autor ja auch nur einen Federstrich, aus Heiner Fink kurzerhand einen „IM“ zu machen (er selbst bestreitet das) oder aus Franz-Josef Degenhardt ein Mitglied eines obszönen „DKP- Altherrenclubs realsozialistischer Hofschranzen“. Mit Kürzeln wie „IM“ oder „DKP“, so die Methode, sind anscheinend Menschen und ihre gelebten Leben hinreichend charakterisiert. Doch die beiden, um bei ihnen als Beispiel zu bleiben, haben etwas anderes gewollt als das, was jetzt als Deutschland herausgekommen ist. Ihre gesellschaftskritischen Alternativen haben — vorerst — verloren. Reinhard Mohr hingegen marschiert auf der Straße der Sieger, und die haben schon immer zuerst das eine getan: Die Geschichte umgeschrieben, Widersprüche plattgemacht. Dabei hatte die undogmatische Linke, auf die sich der Autor beruft, dermaleinst Schwarz-weiß- Schemen genauso abgelehnt wie das Denken in Kategorien von „Siegern“ und „Verlierern“. Doch das ist lange her... Christiane Reymann, Hamburg
[...] Die Art, wie Mohr hier Namen aufzählt, entspricht exakt der Verlesung von Autorennamen anläßlich der Bücherverbrennungen durch die Nazis zu Zeiten des sogenannten Dritten Reichs. Eine inhaltliche Auseinandersetzung braucht nicht stattzufinden, es genügt die bloße Namensnennung, das Anprangern, wie man das schon im Mittelalter nannte. Da haben wir sie wieder, die Berufsprotestler, die Ostermarschierer, die Symapthisanten, die Friedensbewegler, die „Schnattertante“ (O-Ton Mohr), den „Anarcho-Kabarettisten“ (O-Ton Mohr), den „Wortakrobaten“ (O-Ton Mohr), kurz, all das Geschmeiß, die Pinscher, alles „Zombies“ und „Seiltänzer“ (O-Ton Mohr).
Das ist Schmalz auf die Seele des deutschen Spießers. Mit einem solchen Artikel kann sich Reinhard Mohr des Beifalls der aufrechten Deutschen von Reich-Ranicki bis Max Streibl sicher sein. Mohr schreibt wie jemand, der bei der FAZ abgeblitzt ist und nun zeigen will, wie sehr er bei der taz auf dem rechten Wege ist. Das uralte Syndrom der deutschen Linken, die bei jeder Gelegenheit erst einmal zeigen müssen, daß sie die besseren Rechten sind.
Statt Rufmord und billige Beifallshascherei zu betreiben, hätte es Herrn Mohr besser angestanden, Ursachenforschung für das Entstehen von „Komitees“ zu betreiben. Aber, das hätte geistige Auseinandersetzung mit der realexistierenden bundesrepublikanischen Gesamtgesellschaft bedeutet. Oder gibt es einen dritten Weg: Sollen wir die Aufgezählten allesamt ins Irrenhaus schicken und Reinhard Mohr zum Wärter machen? Heinz Mundschau, Amsterdam
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