: Ehre mit Schleudersitz
■ Warum weder Wirtschafts- noch Finanzsenator in den Vulkan-Aufsichtsrat wollen
Bisher hielten es bremische Wirtschafts- und Finanzsenatoren für eine Ehre, in dem größten Unternehmen am Ort, auf das der Senat Einfluß hat, auch als „Aussichtsrat“ zu repräsentieren. Das Unternehmen hat vom Bremer Senat auf direktem und indirekten Wege — in Sorge um die Arbeitsplätze, versteht sich — hunderte von Millionen bekommen, so erscheint eine Wahrnehmung der bremischen Interessen durchaus gerechtfertigt, auch wenn das Land Bremen zuletzt nicht mehr in nennenswertem Umfang Aktien hielt. Finanzsenator Grobecker und Wirtschaftssenator Beckmeyer wurden in das Aufsichtsgremium gewählt.
Am 20. August werden die Aktionäre des Bremer Vulkan ihren Aufsichtsrat neu bestimmen, Grobecker ist nicht mehr Finanzsenator und Beckmeyer nicht mehr Wirtschaftssenator — wer soll Bremen im Aufsichtsrat des Vulkan vertreten? Bei dem Unternehmen weiß man nichts von Veränderungen. Der Unternehmensverbund wächst, im Aufsichtsrat werden nicht nur 16 Posten zu vergeben sein wie bisher, sondern 20 — zwei Arbeitnehmer mehr und zwei Vertreter renommierter Banken werden Einzug halten. Vom Bremer Senat sind keine Veränderungen gemeldet worden; da die formelle Amtszeit von Grobecker und Beckmeyer noch weiterläuft, hätten sie dem Aufsichtsrat ihren Rücktritt anzeigen müssen, wie das andere an das Senatsamt gebundene Aufsichtsräte bei bremischen Eigengesellschaften getan haben.
„Keine Veränderungen“ sagt auch Staatsrat Fuchs in Vertretung des sonnenden Bürgermeisters. Der persönliche Referent des sonnenden Wirtschaftssenators sieht das anders: Ob überhaupt der Bremer Senat im Aufsichtsrat vertreten sein sollte, da das Abhängigkeiten schaffen könnte, sei die Frage. Wann das entschieden werden soll, weiß man in der Ferienzeit beim Ressort Wirtschaft nicht, daß der Zeitpunkt schon verstrichen ist, ist nicht bekannt.
Im Hintergrund des verhaltenen Desinteresses stehen 196 Millionen Mark. Denn der Vulkan hat die Krupp-Tochter „Atlas Elektronik“ mit bremischem Steuergeld übernommen, seitdem verfügt Bremen über 19,2 Prozent der Vulkan-Aktien, eingekauft zu einem Phantasie-Preis von 125 Mark. Der tatsächliche Aktienkurs steht weit darunter, derzeit bei 90 Mark. Wenn der Kurs der Vulkan-Aktien nicht ganz erheblich steigt, dann kostet das Vulkan-Geschäft Bremen einhundert oder mehr Millionen. Diese Frage klärt sich in der nächsten Periode des Aufsichtsrates. Der Vorstand des Vulkan jedenfalls scheint darüber erstaunlich wenig besorgt.
Vielleicht wollen der neue Finanzsenator und der neue Wirtschaftssenator deshalb nicht im Aufsichtsrat des Vulkan Verwantwortung dafür übernehmen wollen, findet Rosi Roland
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