: UNO: Mit einem Zeh in Südafrikas Tür
Resolution im Sicherheitsrat: Sonderbeauftragter kommt nach Südafrika — was dann passiert, bleibt offen ■ Aus Johannesburg Hans Brandt
Ein Sonderbeauftragter des UNO- Generalsekretärs wird in Kürze nach Südafrika reisen, um die Hintergründe der politischen Gewalt zu erforschen. Das hat der Weltsicherheitsrat in New York nach einer zweitägigen Debatte beschlossen. Die einstimmig verabschiedete Resolution 765 fordert südafrikanische Parteien auch auf, „so schnell wie möglich“ die abgebrochenen Verhandlungen über die Zukunft des Landes wiederaufzunehmen. Die südafrikanische Regierung wird aufgefordert, dringende Maßnahmen zur Kontrolle der Gewalt zu ergreifen. Die UNO-Resolution wird aber die Wiederaufnahme von Verhandlungen zwischen ANC und Regierung kaum beschleunigen. Der ANC setzt seine Protestwelle, deren Höhepunkt ein mehrtägiger Generalstreik Anfang August sein soll, fort. Erst danach ist eine Rückkehr an den Verhandlungstisch denkbar.
Im Laufe der UNO-Debatte hatten der Afrikanische Nationalkongreß (ANC), die südafrikanische Regierung, die Zulu-Partei Inkatha und eine Reihe kleinerer südafrikanischer Gruppierungen sich gegenseitig für die Gewalt verantwortlich gemacht. ANC-Präsident Nelson Mandela warf der Regierung Staatsterror vor. Außenminister Pik Botha behauptete, daß der ANC noch immer Waffen aus Nachbarländern nach Südfarika schmuggele. Und Zulu- Führer Häuptling Mangosuthu Buthelezi sprach von Versuchen des ANC, die Macht in Südafrika an sich zu reißen.
Der Sicherheitsrat vermied mit seiner sehr neutralen Resolution eine Stellungnahme, die als Unterstützung für eine der Streitparteien gewertet werden könnte. Dem ANC- Wunsch nach der Entsendung eines Sonderbeauftragten wurde stattgegeben. Die Regierung hatte bereits zuvor einem solchen Besuch zugestimmt. Das Drängen der Regierung zur Wiederaufnahme der vom ANC abgebrochenen Gespräche wurde in den Beschluß aufgenommen. Das wertete Botha als besonderen Erfolg: „Der ANC hat eine Resolution bekommen, die ihm nicht paßt.“
Tatsächlich ist das Durchsetzungsvermögen des ANC bei der UNO seit Ende des Kalten Krieges reduziert. Unter den ständigen Ratsmitgliedern hat sich diesmal vor allem Großbritannien eingesetzt, eine von afrikanischen Ländern vorgeschlagene Resolution zu entschärfen und die Regierung von Präsident Frederik de Klerk zu schützen. Aber auch Rußland sieht in de Klerk inzwischen einen antikommunistischen Verbündeten. Das versuchte Botha in seiner Anrede auszunutzen: Statt vom ANC sprach er ausschließlich von der „Allianz zwischen ANC und Kommunistischer Partei“.
Der Auftrag des UN-Gesandten wird es sein, „Maßnahmen vorzuschlagen, die dazu beitragen können, die Gewalt effektiv zu beenden“. Ziel des ANC ist es, als eine dieser Maßnahmen die ständige Überwachung der südafrikanischen Sicherheitskräfte durch UNO-Beobachter durchzusetzen. Obwohl die südafrikanische Regierung eine „ausländische Einmischung in die inneren Angelegenheiten“ scharf verurteilt, haben Regierungsvertreter angedeutet, daß sie eine Überwachung von Polizei und Militär tolerieren würden.
Das könnte de Klerk sogar bei der Kontrolle des jahrelang übermächtigen Sicherheitsapparats helfen. Der Präsident hat bisher immer davor zurückgeschreckt, deutlich gegen Übergriffe der Sicherheitskräfte vorzugehen. Vorwürfe, daß er keine Kontrolle über Militär und Polizei hat, wurden dadurch gestärkt. Um die UNO-Debatte zu beeinflussen, kündigte de Klerk diese Woche die Auflösung von zwei kontroversen Militär- und einer Polizeieinheit an. Die Generäle haben keinen Hehl daraus gemacht, daß sie diese Entscheidung nicht unterstützen.
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