: Starke Worte, flaue Thesen
Hamburger CDU fordert ■ moralische Erneuerung zur Kriminalitätsbekämpfung
Karl-Heinz Ehlers ist ein Mann der starken Worte und klaren Visionen. Als der innenpolitische Sprecher der Elb-CDU gestern seine „Thesen zu Verbrechensursachen und zur Verbrechensbekämpfung“ in markigen Sätzen vorstellte, lieferte er gleich ein Katastrophenszenario mit, das in Hamburg Realität werden könnte, wenn die SPD seinen Vorschlägen nicht folgt: „Wir marschieren in Richtung New Yorker-Verhältnisse“, glaubt Ehlers und ergänzt: „Nicht erst in 10 bis 15 Jahren kann es so sein, daß ganze Stadtteile aufgegeben werden müssen“.
Die Ursache für diese angsteinflößende Entwicklung sieht der CDU-Hardliner in einem „schleichenden Werteverfall“. Das Verbrechen werde in Hamburg nicht mehr „geächtet“ und „moralisch verurteilt“, „rechtsfreie Räume“ weiteten sich von der Hafenstraße ausgehend wie ein schwarzes, alles verschlingendes Loch aus, stellten das gesamte Rechtssystem infrage. Hier wie auch bei der Verfolgung und Bestrafung jugendlicher Autoknacker dürfe es „keine Kompromisse“ geben.
„Denn“, so der CDU-Rechtsaußen, „wer bei der Kleinkriminalität den Anfängen nicht wehrt, schafft die Schwerkriminellen von morgen“. Bei der Behandlung von Straftätern dürfe man „nicht länger vom guten, nur durch die Gesellschaft verdorbenen Menschen ausgehen“, sondern müsse erkennen, „daß viele Straffällige nicht resozialisierbar sind, die Gesellschaft vor ihnen aber dauerhaft geschützt werden muß“. Unausgesprochene, aber einzig mögliche Konsequenz dieser Ausführungen: wegschließen für immer.
Damit die Entwicklung Hamburgs zu einem Nistplatz krimineller Elemente noch gestoppt werden kann, fordert Ehlers unter anderem eine stärkere Präsenz der Polizei auf den hanseatischen Straßen und in den Schulen, sowie einen Abbau der Bürgerrechte. „Datenschutz darf nicht länger Täterschutz sein“, meint der Bürgerschaftsabgeordnete.
Für die CDU-Bildungsexpertin Ingeborg Knipper fängt der kriminalitätsfördernde Werteverfall bereits in der Schule an. „Es gibt kaum noch einen Lehrer“, klagt die CDU-Frau, “der noch versucht, den Kindern rechtsstaatliche Grundwerte beizubringen“.
Um das zu ändern, wollen Knipper, Ehlers und Consorten per Bürgerschaftsantrag den Senat auffordern, „ein ressortübergreifendes Konzept“ zu entwickeln, durch das „die „Normen, die für unser Zusammenleben unerläßlich sind, stärker in die Erziehungsprozesse aufgenommen“ werden „und in unserer Stadt zur Geltung kommen“. Marco Carini
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