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DER KÖNIG DER POLITISCHEN SCHMIERENKAMPAGNE Von Andrea Böhm

Es gibt bei amerikanischen Jungen angeblich eine bestimmte Phase, da wollen sie alle mal Präsident werden. Manche besinnen sich früh genug — und satteln mit fünf oder sechs Jahren auf „Terminator“ oder „Rocky“ um, was immer gerade im Kino läuft. Bei anderen verliert sich das in der Pubertät, ganz wenige können sich von dieser Obsession nie befreien und versuchen es tatsächlich. Da kommt dann sowas wie Bill Clinton heraus, der als Teenager nicht nur die Akne, sondern im Kopf schon den späteren Gegenkandidaten bekämpft hat. Schließlich gibt es noch diejenigen, die nie Präsident, aber die Dreckschleuder für spätere Präsidenten werden.

Floyd Brown sieht nun überhaupt nicht aus wie eine Dreckschleuder: Das Haar adrett gestutzt, im Gesicht glatt wie ein Kinderpopo, das Hemd sauber gebügelt. Eine leichte Tendenz zur Verfettung ist auf den ersten Blick die einzige Bösartigkeit, die einem zu Floyd Brown einfällt. Ein lächelndes Riesenbaby, das seine Freunde „Boy Scout“ nennen — so nett und sauber. Mit 31 Jahren hat es Floyd-Boy immerhin zum König der politischen Schmierkampagne gebracht. Der Mann setzt ein neues Niveau im Wahlkampfgeschäft — so tief, daß man schwindelfrei sein muß, wenn man danach sucht. Letztes Meisterstück ist die „Bill Clinton Fact Line“. Unter dieser Telefonnummer kann der interessierte Wähler oder Spanner Tonbänder abhören, in denen sich Gennifer Flowers, Clintons vermeintliche oder tatsächliche Ex-Geliebte, über dessen sexuelle Vorlieben äußert. Zwölf Minuten für 4,99 Dollar.

Nicht daß Floyd Brown solche Missionen in Sachen Bush/Quayle Spaß machen. Er findet das alles unglaublich betrüblich, „aber“, sagt er mit Grabesstimme, „das sind nun mal die Sachen, über die die Leute Bescheid wissen müssen“.

Wie bei den letzten Wahlen 1988 — Bush gegen Dukakis. Damals probten die Republikaner erstmals in Präsidentschaftswahlen den TV- Overkill gegen einen Demokraten — mit Erfolg. Die effektivsten Spots hatten gar nichts mit Dukakis zu tun, sondern mit Willi Horton, einem schwarzen Strafgefangenen aus Massachussetts, der während eines Hafturlaubs eine weiße Frau vergewaltigt hatte. Dukakis war zu dieser Zeit zwar Gouverneur im selben Bundesstaat, aber Gouverneure haben bekanntlich anderes zu tun als Urlaubsanträge von Häftlingen zu genehmigen. Was in Wahlkämpfen völlig egal ist, die Message wurde so oder so verstanden — und der „Boy Scout“ hat sie am besten präsentiert: Ein Demokrat im Weißen Haus — und Eure Frauen sind auf der Straße nicht mehr sicher. Traurig, wie Brown sagen würde, aber „das sind die Sachen, die die Leute wissen müssen“. 1992 könnte überhaupt ein schwieriges Jahr für die Top-Dreckschleuder werden, denn George Bush fürchtet sich inzwischen vor deren Streuwirkung. Er hält den „unabhängigen Wahlkämpfer“ auf Distanz. Eine New Yorker Kabelgesellschaft hat sich jüngst geweigert, Werbespots für die „Bill Clinton Fact Line“ zu senden. Was Brown wiederum für die „roheste Form politischer Zensur“ hält. Fürwahr eine vernichtende Attacke auf die Meinungsfreiheit.

Und prompt folgte der zweite Schlag. Nach der Erfindung der „Bill Clinton Fact Line“ war Floyd-Boy gerade dabei, eine Extra-Portion Schlamm gegen Ross Perot zusammenzutragen. Da hat der sich weggeduckt und ist einfach aus dem Rennen ausgestiegen.

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