Für eine Handvoll Dollar

■ Kleine Geschichte der Olympischen Sommerspiele von Athen 1896 bis Barcelona 1992, TeilII

Hamburg (dpa) — Die Schweden organisierten 1912 in Stockholm glänzende Spiele. Erstmals waren unter den 2.546 Aktiven aus 28 Ländern Sportler aus allen fünf Kontinenten, erstmals gab es Zielfotos, erstmals bereitete sich mit den Gastgebern ein Land in einem nationalen Trainingslager auf das Ereignis vor. Ein Athlet war mit seinen Leistungen seiner Zeit weit voraus: Jim Thorpe. „Sir, Sie sind der größte Athlet der Welt!“ sagte König GustavV., als er den Indianer zum Zehnkampf-Sieg beglückwünschte. Ein Jahr später war Thorpe aus der Siegerliste gestrichen. Er war für eine Handvoll Dollar bei einem Baseball-Spiel aufgetreten und hatte damit gegen den Amateur-Paragraphen verstoßen. Erst am 13.Oktober 1982 rehabilitierte das IOC den Amerikaner.

Mit dem Ersten Weltkrieg erschien die Politik massiv auf der olympischen Bühne. Die Spiele 1916 in Berlin fielen dem Weltbrand zum Opfer, Budapest wurden die Spiele 1920 entzogen: Wie Deutschland wurde Ungarn als Kriegsverursacher angesehen und nach Antwerpen gar nicht eingeladen. Die Spiele in Belgien verdienen sich ihren Erinnerungswert vor allem durch die Einführung der Olympischen Flagge, die Coubertin 1913 mit den fünf Ringen und fünf Farben blau-gelb-schwarz-grün-rot für alle Kontinente und den weißen Untergrund als Symbol des Friedens entworfen hatte.

Die Spiele von Paris 1924 sind mit zwei Namen verbunden: Der Finne Paavo Nurmi gewann fünf seiner insgesamt neun Goldmedaillen zwischen 1920 und 1928; der amerikanische Schwimmer Johnny Weissmüller legte mit drei Olympiasiegen (plus zwei 1928) den Grundstein für seine spätere Filmkarriere als „Tarzan“. Tennis war wegen Ärgers mit den Amateur-Bestimmungen für 64 Jahre zum letzten Mal dabei. Mit dem ersten Olympischen Dorf legten die Franzosen wenig Ehre ein: Zeitgenossen sprachen von einer schlechteren Obdachlosen-Unterkunft. Die Spiele 1928 in Amsterdam, wieder mit Deutschland, waren ein erster Vorgeschmack auf die Kommerzialisierung. Weil die Regierung die finanziellen Mittel nicht im erhofften Maße fließen ließ, mußte ein einfallsreiches Marketing her. Das dann auch Kapriolen schlug: Weil die Foto-Rechte an ein Unternehmen verkauft waren, wurden alle Zuschauer nach versteckten Kameras durchsucht. Mit der Zulassung der Frauen zur Leichtathletik eroberten sich diese endgültig ihren Platz bei Olympia, die Karlsruherin Lina Radke-Batschauer gewann über 800m das erste Leichtathletik-Gold für Deutschland überhaupt. Der norwegische Kronprinz und spätere König OlafV. wurde Olympiasieger im Segeln, ein Kunststück, das ihm 32 Jahre später der griechische Kronprinz Konstantin nachmachte.

Los Angeles überraschte 1932 die nur 1.408 Sportler mit einem luxuriösen Olympischen Dorf und mit einer einfallsreichen Neuerung: dem Siegespodest, auf dem als erster der amerikanische Kugelstoßer Leo Sexton stand. Hans-Hermann Mädler

Teil I am 22.Juli, TeilIII folgt morgen.