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Flüchtlinge in Deutschland

■ Während Kroatien bereits 632.000 Bosnier aufnahm, ist die Bundesrepublik noch bei den Vorbereitungen

Bonn/Berlin (dpa/AP) — Die Vorbereitungen zur Aufnahme der rund 5.000 Flüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina laufen angeblich auf Hochtouren. Wie das Bonner Innenministerium gestern angab, wurde in der Behörde bereits ein Koordinierungsstab eingerichtet.

Mit der Ankunft der ersten Flüchtlinge wird nach Angaben eines Sprechers allerdings nicht vor dem kommenden Wochenende gerechnet. Die Masse von ihnen befinde sich noch immer entweder in Zügen an verschiedenen Grenzorten im ehemaligen Jugoslawien oder in Lagern. Für einige Städte in der BRD ist bereits klar, wie viele der Flüchtlinge sie aufnehmen wollen. So soll Berlin „höchstens“ mit 110, Eisenhüttenstadt mit 175 und Kiel mit 140 Personen „belastet“ werden.

Die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung Cornelia Schmalz- Jacobsen hat unterdessen ein „völlig neues Flüchtlingskonzept“ gefordert. Kriegsflüchtlinge sollten ein zeitlich befristetes Aufenthaltsrecht erhalten und vom Asylverfahren ausgenommen werden, sagte sie der Bielefelder Zeitung Neue Westfälische. Nach Beendigung der Kämpfe müßten die Flüchtlinge dann allerdings zurückkehren. Für die Flüchtlingskinder forderte Schmalz-Jacobsen eine Sonderaktion. Die europäische Flüchtlingspolitik nannte sie ein unwürdiges Gerangel über die Flüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina.

Der kroatische Botschafter in Deutschland, Ivan Ilic, fordert angesichts der geringen Hilfsbereitschaft die europäischen Länder auf, sein Land wenigstens finanziell bei der Versorgung der Flüchtlinge zu unterstützen. Schon jetzt seien 632.000 Flüchtlinge und Vertriebene aus Bosnien-Herzegowina, Wojwodina und Kosovo in Kroatien, sagte er am Mittwoch. „Mehr kann Kroatien nicht aufnehmen.“ Die schwache Wirtschaft seines Landes könne diese Belastung nicht mehr tragen. Wenn die anderen Europäer Kroatien vier Millionen Mark täglich für Lebensmittelhilfe zahlten, wären das etwa sechs Mark pro Flüchtling. „Damit wäre uns geholfen“, sagte der Botschafter.

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