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Vermieter verhindern Aufschwung Ost

■ Industrie- und Handelskammerverband DIHT kritisiert völlig überzogene Gewerbemieten im Osten

Bonn (AP) — Bürokratische Kreditvergabe und unerschwingliche Mieten behindern nach Erkenntnissen des Deutschen Industrie- und Handelstages (DIHT) die Firmengründung in Ostdeutschland. Wie der Verband der Industrie- und Handelskammern gestern mitteilte, ist die Reprivatisierung aufgrund ungeklärter Eigentumsverhältnisse und schleppender Arbeit der Verwaltungen fast zum Stillstand gekommen. Dennoch werden monatlich bis zu 10.000 Firmen gegründet, von denen mehr als früher überleben.

Der DIHT betonte, die zögerliche Kreditvergabe vieler Banken erschwere den Start der Existenzgründer. Darlehen von 50.000 bis 100.000 Mark würden sehr bürokratisch vergeben, Vorsprachetermine in den Banken kämen speziell für ExistenzgründerInnen meist erst nach Monaten zustande.

Durch das langwierige Antragsverfahren und das „wenig risikofreudige Verhalten der Banken“ werde das unternehmerische Engagement häufig gebremst.

Als weitere „Aufbaubremse“ nannte der DIHT die Mieten für Gewerberäume. Auch kommunale Vermieter verlangten häufig Mieten, die weit über denen vergleichbarer Großstädte in Westdeutschland lägen. Der Mangel an Gewerberäumen halte auch westdeutsche Firmen von Investitionen in den neuen Ländern ab.

Auch die Arbeit der öffentlichen Verwaltungen erweise sich in vielen Fällen als Hemmnis für den wirtschaftlichen Aufschwung. Die Bearbeitung von Baugenehmigungen dauere zu lange, bei Eintragungen ins Handelsregister sind Wartezeiten von einem Jahr keine Seltenheit. In Rostock lägen derzeit 6.000 unbearbeitete Investitionsanträge.

Der Reprivatisierungsprozeß ist nach Darstellung des DIHT durch ungeklärte Eigentumsverhältnisse und die schleppende Arbeit der öffentlichen Verwaltungen nahezu völlig zum Stillstand gekommen. Im Kammerbezirk Dresden seien zu Modrows Zeiten mit 400 deutlich mehr Privatisierungen vorgenommen worden als in den vergangenen 18 Monaten mit 125 Privatisierungen. Von den insgesamt 5.835 Anträgen auf Reprivatisierung im Kammerbezirk Dresden seien bis zum 1.Mai 1992 nur 2.328 abschließend bearbeitet worden. In Thüringen seien von insgesamt 12.172 Reprivatisierungsanträgen bis April 1992 nur 992 entschieden worden.

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