: Zauberformeln
■ Demokratie als gemeinsamer Nenner des Gipfels von Madrid
Zauberformeln Demokratie als gemeinsamer Nenner des Gipfels von Madrid
Demokratie, Freiheit und Marktwirtschaft — das sind die drei Zauberformeln, die die lateinamerikanischen Regierungschefs — mit einer Ausnahme, dem Beelzebub Fidel Castro — leiten und den Weg Lateinamerikas aus Armut und Elend in eine lichte Zukunft aufzeigen. Ein Weg, auf dem sie alle — mit der bekannten Ausnahme — bereits kräftig fürbaßschreiten.
Daß die Liberalisierung der Märkte und die Anwendung der IWF-Rezepte Lateinamerika in eine sich ständig verstärkende Armut geführt hat, wird nur am Rande erwähnt. Daß die Freiheit der Bewohner von Medellin dort aufhört, wo die Wut der Drogenhändler beginnt, und die der Straßenkinder in Brasilien, wo ihre Schlächter ihr Werk aufnehmen, scheint nur eine Fußnote wert zu sein. Demokratie ist eine Zauberformel, die auch Guillermo Endara benutzen darf — was tut es, daß er seinen Posten den US-Amerikanern ebenso schuldet wie das Staatsoberhaupt von Haiti oder die Regierung von Grenada. Fidel Castro, der nie gewählt wurde, ist zum Buhmann in einer Gesellschaft von Biedermännern geworden, zum Gegenbild an sich.
Die Selbstdarstellung all dieser Biedermänner auf dem Madrider Gipfel wirkt wie eine Karikatur. Denn es gibt keine Demokratie, wo wie in Argentinien oder Guatemala das Verbleiben der Verschwundenen nicht aufgeklärt werden kann, wo, wie in Bolivien, die Wirtschaft von einer Pflanze, der Kokapflanze, abhängt, deren Anbau kriminalisiert wird, weil das Verbraucherland USA das so will. Es gibt weder Demokratie noch Freiheit, wo eine ideologisch betriebene Wirtschaftspolitik die Kinder auf die Straße und die Menschen in Blechhütten treibt.
Begriffe wie Demokratie und Freiheit bedürfen der Partizipation der einzelnen, um verwirklicht zu werden, sie bedürfen der gesunden Ernährung, der Bildung und der Abwesenheit von Bedrohung, um sich artikulieren zu können. Doch da die Freiheit der Stärkeren — nicht nur des IWF, sondern auch der einheimischen Eliten — durch ein verstärktes Solidaritätsprinzip eingeschränkt würde, muß vor diesen Grundvoraussetzungen kapituliert werden. In einem Lateinamerika — fast — ohne bewaffneten Kampf und ohne erklärten Bürgerkrieg gibt es auch keine ideologischen Auseinandersetzungen mehr. Die Marktwirtschaft wird's schon richten — in den Favelas von Rio und in den Dörfern von Ayacucho. Antje Bauer
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