: Mehr Traute, Frau Müller!
KOMMENTAR
Mehr Traute, Frau Müller!
Hamburg, deine Häuser. Wenn es nach den politisch Verantwortlichen geht, wird in den nächsten Tagen die leerstehende Häuserzeile Pinnasberg mit Hilfe der Staatsgewalt dem Erdboden gleichgemacht werden. 100000 Mark für die Polizei-Festspiele sind bereits bewilligt. Sie müssen nun auch, so will es die herrschende politische Logik, ausgegeben werden. Man ist halt nicht knickerig, wenn es darum geht, den Willen der Rathaus-Politiker gegen die Interessen der Anwohner und auch der Bezirksparlamentarier durchzusetzen.
Wenn der geplante Abriß heute offiziell damit begründet wird, Sanierung sei teurer als Neubau, ist das nicht nur gewagt (v)errechnet, sondern auch mehr als scheinheilig. Millionen wurden durch den jahrelangen Leerstand der Häuser verschleudert, der Baukörper so um seine Substanz gebracht. Nicht um Geld geht es dem Senat, sondern einzig und allein darum, die von Eugen Wagner geforderte Bannmeile für alternative Wohnprojekte um die Hafenstraßen-Häuser durchzusetzen. Die Sozial-Projekte, die sich um einen Einzug in den Pinnasberg bewerben und die der Problemstadtteil St.Pauli so dringend benötigt, werden dabei von einem völlig weltfremden Senat pauschal als möglicher Unruhefaktor abqualifiziert und vom Tisch gewischt.
Beachtlich dabei einmal mehr die realpolitischen Verbiegungskünste der Stadtentwicklungsbehörde (Steb). Nach außen demonstriert sie verhaltenen Widerstand gegen die Abrißpläne, intern stimmt sie ihnen zu. Etwas mehr Traute, Frau Müller! Marco Carini
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