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Drangeblieben, zugeschlagen

■ Mit schlichter Taktik gewinnt Dagmar Hase gegen die unbezwingbare Janet Evans, während Matt Biondi und Nils Rudolph hinterherschwimmen

Barcelona (dpa) — Freudentränen kullerten ihr übers Gesicht. Bei der Siegerehrung ließ Dagmar Hase, einen Stoffhasen im Arm, ihren Gefühlen freien Lauf. Mit dem Gewinn von Olympia-Gold über 400 m Freistil und dem Triumph über die seit sechs Jahren auf dieser Distanz ungeschlagene Amerikanerin Janet Evans gelang der 22jährigen Magdeburgerin am Dienstag in Barcelona eine der größten Sensationen der Schwimm- Geschichte.

Fassungslos und ungläubig hatte die „große Blonde“ immer wieder auf die Anzeigentafel im „Bernat Picornell“-Stadion geschaut, auf der die Zeit von 4:07,18 Minuten aufleuchtete. „Gold war für mich von vornherein eigentlich abgeschrieben an Janet. Ich wollte nur an ihr dranbleiben, um Silber zu sichern. Ein Wahnsinn, daß es Gold wurde“, jubelte die als Rücken-Spezialistin geltende Dagmar Hase, nachdem sie ihre Sprache wiedergefunden hatte.

Die Auszubildende zur Reisekauffrau verbesserte im Finale ihre persönliche Bestzeit aus dem Vorlauf am Vormittag (4:10,92) noch einmal um mehr als drei Sekunden. Eine Steigerung, die selbst Damen- Bundestrainer Achim Jedamsky überraschte: „Ich wußte bisher nicht, daß sie so stark ist. Dagmar ist ein phantastisches Rennen geschwommen, hat sich von Janet Evans schön mitziehen lassen und im entscheidenden Moment zugeschlagen.“ Auf den letzten Metern wurden bei der Deutschen ungeahnte Kräfte frei. Sie schob sich an Janet Evans heran und an ihr vorbei. Für Frank Baltrusch, Dagmar Hases Trainer beim SC Magdeburg, war die Ausbootung von Klubkollegin Astrid Strauß durch den DSV Motivation für die Schwimmerin: „Sonst wäre sie nicht fünfeinhalb Sekunden unter ihrer Bestzeit geblieben.“

Bronze erschwamm sich später die 4x100-m-Freistil-Staffel mit Franziska van Almsick, Simone Osygus, Daniela Hunger und Manuela Stellmach hinter den USA und China. Damit hat die erst 14 Jahre alte Berlinerin Franziska van Almsick bereits ihre dritte Medaille.

Über 100m Freistil fügte Matt Biondi der Reihe von Enttäuschungen für das Team der USA eine weitere Ernüchterung hinzu. Der sechsfache Olympiasieger von Seoul belegte in 49,53 Sekunden — 1,11 Sekunden über seinem Weltrekord — nur den vierten Platz. „Vielleicht war dies heute der erste Schritt zum Ende meiner großen Karriere“, sagte Biondi deprimiert. Gold eroberte Europameister Alexander Popow in der Europarekord-Zeit von 49,02 Sekunden, der Münchner Christian Tröger, für den schon die Finalteilnahme ein großer Erfolg war, wurde in 49,84 Sekunden Siebter, Nils Rudolph (Hamburg/50,62) enttäuschender Zwölfter.

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