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Abschiebung von Haitianern illegal

■ US-Gericht: Flüchtlinge aus Haiti müssen angehört werden

New York (AP/wps) — Die von den USA seit zwei Monaten betriebene Praxis, Flüchtlinge aus Haiti ohne Anhörung sofort wieder in ihre Heimat abzuschieben, ist am Mittwoch von einem New Yorker Berufungsgericht für illegal erklärt worden. In einer mit zwei gegen eine Stimme getroffenen Entscheidung sagte das Gericht, daß laut US-Einwanderungsgesetzgebung „die Vereinigten Staaten Ausländer nicht an ihre Verfolger zurückschicken dürfen“. In einer einstweiligen Verfügung wurde der US-Küstenwache untersagt, weitere Flüchtlinge abzuschieben, „deren Leben oder Freiheit bedroht wäre“. Asylsuchende haben ein Recht auf Anhörung unabhängig davon, wo sie sich befinden, urteilte das Gericht.

Die Gegenstimme kam von Richter John Walker, ein Cousin des US- Präsidenten George Bush. Er argumentierte, die Einwanderungsgesetze und die UN-Flüchtlingskonvention müßten nur dann angewandt werden, wenn Flüchtlinge „unser Territorium“ erreicht haben.

Die US-Regierung kündigte an, sie wolle gegen das Urteil vor dem Obersten Gericht klagen. Die US- Küstenwache verstärkte am Donnerstag ihre Patrouillen, weil nach dem Urteil eine neue Flüchtlingswelle erwartet wurde: „Wir sind äußerst besorgt, daß als Ergebnis der heutigen Entscheidung Haitianer dazu verleitet werden könnten, in der falschen Hoffnung, die USA zu erreichen, gefährliche Reisen auf hoher See zu unternehmen“, erklärte das Justizministerium.

Präsident Bush hatte am 24.Mai angeordnet, daß alle Flüchtlinge aus Haiti, die von der US-Küstenwache aufgegriffen werden, sofort wieder in ihre Heimat zurückgebracht werden. Der Flüchtlingsstrom ging daraufhin deutlich zurück. Nachdem im Mai noch 13.000 Haitianer von der Küstenwache abgefangen wurden, war es im Juli nur ein Boot mit 150 Flüchtlingen. Diese wurden am 23.Juli nach Port-au-Prince zurückgebracht.

Seit dem Sturz von Präsident Jean- Bertrand Aristide im September vergangenen Jahres waren von der US- Küstenwache 36.980 Flüchtlinge aufgegriffen worden, 27.092 wurden abgeschoben.

Santo Domingo (AFP) — Haitianische Soldaten sollen am vergangenen Wochenende 35 Haitianer erschossen haben, die in einem kleinen Boot von der Insel fliehen wollten. Das teilte der Leiter des katholischen Radiosenders „Radio Enriquillo“, Pedro Ruquoy, am Mittwoch in Santo Domingo mit. Die haitianische Küstenwache habe die Bootsflüchtlinge entdeckt, die daraufhin ins Wasser gesprungen seien. Soldaten hätten auf die Flüchtlinge geschossen. Die Opfer seien am Montag auf einem Friedhof am Stadtrand von Port-au-Prince beigesetzt worden, berichtete Ruquoy weiter. „Radio Enriquillo“ sendet von der benachbarten Dominikanischen Republik aus nach Haiti.

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