: Aggressivität gegen Flüchtlinge wächst
■ Der nordrhein-westfälische Innenminister Schnoor stellt Verfassungsschutzbericht vor: Kein Grund zu Entwarnung
Düsseldorf (AP) — Die gegenwärtige Welle der Hilfsbereitschaft für Bosnien-Flüchtlinge überdeckt nach Einschätzung des nordrhein-westfälischen Innenministers Herbert Schnoor nur eine zunehmende Polarisierung der deutschen Bevölkerung in der Flüchtlingsfrage. In Teilen der Bevölkerung nehme die Aggressivität gegen Flüchtlinge weiter zu, sagte der Minister am Donnerstag in Düsseldorf bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes 1991 für Nordrhein-Westfalen.
Schnoor betonte, in den ersten sechs Monaten dieses Jahres habe es im bevölkerungsreichsten Bundesland insgesamt 332 fremdenfeindliche Straftaten gegeben. Dies sei zwar ein Rückgang gegenüber dem zweiten Halbjahr 1991, doch sei dies kein Grund zur Entwarnung. „Die neonazistisch geprägte Szene, an der auch militante Skinheads beteiligt sind, ist von einer deutlich gestiegenen Gewaltbereitschaft gekennzeichnet“, sagte der Minister.
Heftige Kritik übte Schnoor an der Weigerung anderer europäischer Länder, bosnische Flüchtlinge aufzunehmen. Dies lasse sich nur mit der Haltung gegenüber den Juden während der Nazizeit vergleichen, als die Verfolgten vergeblich an die Türen Europas geklopft hätten, sagte der Minister.
Außerdem schüre dies auch in Deutschland die Ablehnung weiterer Hilfsaktionen. Nach Angaben Schnoors gibt es bisher keine Anhaltspunkte dafür, daß es wegen des Kriegs im ehemaligen Jugoslawien an Rhein und Ruhr zu Konfrontationen zwischen Serben, Bosniern oder Kroaten kommen könne.
Laut Verfassungsschutzbericht ging die Zahl der Mitglieder rechts- und linksextremistischer Organisationen in Nordrhein-Westfalen im vergangenen Jahr weiter zurück. Auf dem rechten Flügel habe sich jedoch die Skinhead-Szene zu einer „eigenständigen, nach außen hin abgeschotteten und im Inneren neonazistisch indoktrinierten Subkultur fortentwickelt“, warnte Schnoor.
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