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Maulkorb für die Presse

■ Präsident Tudjman knebelt kritische Zeitungen

„Die Danas wollen Sie? So ein antikroatisches Blatt führen wir nicht.“ Die Antwort der Kioskfrau ist bezeichnend im heutigen Kroatien. Außerhalb der Hauptstadt Zagreb ist es ein schwieriges Unterfangen, „unabhängige“ Zeitungen zu erstehen. Präsident Tudjman hat mit Hilfe einer absoluten Mehrheit im Parlament und durch Sondervollmachten im Zuge des Krieges eine neue Pressezensur eingeführt. Auf üble Nachrede, Verbreitung von Staatsgeheimnissen oder Verunglimpfung des Präsidenten stehen nun bis zu zehn (!) Jahre Haft.

Die Einschüchterungspolitik zeigte Erfolg. Selbst neugegründete Blätter verpaßten sich einen Maulkorb an und legten ihre Blätter vor der Auslieferung einer neugeschaffenen „Kriegszensurbehörde“ vor. Nur ein Blatt tanzte sofort aus der Reihe: Das Wochenmagazin Danas. 1983 von der kroatischen KP als Propagandablatt ins Leben gerufen, wandelte sich die Danas langsam zur kritischsten Zeitschrift Kroatiens. Und auch in den letzten Monaten nahm das linksliberale Magazin kein Blatt vor den Mund. Als Anfang des Jahres die Starkolumnistin Jelena Lovric die Frage stellte, was der Krieg „unter dem Kommandanten Tudjman“ mit Serbien denn gebracht habe außer zehntausenden Toten und dem Verlust eines Drittels des kroatischen Territoriums? Ein Resultat, das man auch hätte erreichen können, hätte man sofort vor der serbischen Aggression kapituliert, da platzte dem kroatischen Präsidenten der Kragen. Gegen Lovric und andere kritische Journalisten wurde ein Strafverfahren wegen „Verleumdung des Staates und seiner höchsten Repräsentanten“ eingeleitet. Das Verfahren ist seit Monaten anhängig, doch noch nicht eröffnet. Dafür ließ Tudman Danas und ein paar andere kleine Blätter „einstellen“, sie fanden einfach keine Druckerei mehr und keinen Vertrieb. In einer Notausgabe erscheint Danas derzeit im österreichischen Graz, doch in die kroatische Provinz gelangt sie kaum mehr. Roland Hofwiler, Osijek

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