: Krisenstimmung im "Cafe Flop"
■ Die öffentlichen Gelder für das selbstverwaltete Bergedorfer Stadtteilzentrum Unser Haus wurden in diesem Jahr merklich gekürzt / Die Betreiber werten dies als politisches Signal für weitere Maßnahmen...
wurden in diesem Jahr merklich gekürzt/Die Betreiber werten dies als politisches Signal für weitere Maßnahmen dieser Art
Die Wentorfer Straße ist eine von Bergedorfs Hauptverkehrsadern. Sie verbindet Hamburgs östlichsten Stadtteil mit den Randgemeinden. Im Haus Nummer 26, neben einer Polizeiwache und ein paar Schritte vom Rathaus entfernt, hat das „Jugend-, Freizeit- und Kulturzentrum Unser Haus e.V.“ - kurz: Unser Haus - seine Räume. In dem zweistöckigen, hellblau gestrichenen Gebäude residiert das einzige selbstverwaltete Jugend- und Stadtteilzentrum Hamburgs, wie die aktiven Vereinsmitglieder Petra, Suset, Jens und Radi nicht ohne Stolz feststellen.
Unter dem Motto „Zürich-Berlin-Bergedorf“ hatte sich 1978 eine Gruppe Bergedorfer Jugendlicher dafür stark gemacht, daß in ihrem Stadtteil ein Jugendzentrum jenseits behördlicher 'Betreuung‘ entsteht. Nach zwei Hausbesetzungen zogen die Aktivisten dann im Jahr 1981 in der Wentorfer Straße ein.
Feste Stellen für Sozialpädagogen, die die Jugendlichen betreuen, gab und gibt es nicht. Das Konzept der Selbstverwaltung funktioniert. „Um die dreißig Leute“ haben Schlüssel für die Räume und sorgen dafür, daß das Haus täglich von morgens um zehn bis Mitternacht geöffnet ist. Die Räume, darunter Fotolabor und Ausstellungsflächen, werden von verschiedenen Stadtteil-Initiativen und Ausländergruppen benutzt. Das Herzstück des Stadtteilzentrums ist das „Café Flop“, eine gemütliche Kneipe mit Rock-Musik und Garten - Treffpunkt sowohl für Mitarbeiter des Hauses als auch für Besucher.
Das Entscheidungsgremium ist der „Hausrat“, ein Plenum, das monatlich zusammenkommt. Beim jüngsten Treffen mußte allerdings über eine unangenehme Situation diskutiert werden, denn die Arbeit des Jugendzentrums, die zum größten Teil aus Zuschüssen der Stadt Hamburg finanziert wird, ist gefährdet. Um 6000 Mark wurden die Mittel für den Unser Haus-Verein in diesem Jahr gekürzt. Dabei hatten schon die knapp 70000 Mark, die 1991 zur Verfügung standen, nicht ausgereicht. Die Hälfte davon wird für fixe Kosten ausgegeben. „Wir mußten sowieso eng kalkulieren“, so die Betroffenen, „wir können den Leuten, die hinter dem Tresen arbeiten, nicht einmal anständige Löhne bezahlen.“
Dabei ist das Bergedorfer Jugendzentrum nicht einmal das Opfer allgemeiner Sparpolitik geworden, ganz im Gegenteil: „Wir hatten mehr Geld zur Verfügung und es gibt auch mindestens einen freien Träger, der mehr Geld als letztes Jahr erhalten hat“, erklärt Karin Rogalski, SPD-Bezirksabgeordnete und Vorsitzende des Bergedorfer Jugendhilfeausschusses, der über die Verteilung der öffentlichen Gelder unter den freien Trägern des Bezirks entscheidet. „Die Mitglieder des Ausschusses wissen,
wo gute Jugendarbeit geleistet wird, was wiederum nicht heißen soll, daß im Unser Haus schlechte Arbeit gemacht wird“, betont Rogalski, doch in diesem Jahr seien die Finanzmittel zugunsten anderer Trägervereine verteilt worden. Über die Entscheidungskriterien wollte die Bezirkspolitikerin allerdings nichts verlauten lassen.
Im Unser Haus wird befürchtet, daß die Kürzungen ein politisches Signal setzen sollen oder anders ausgedrückt, daß das selbstverwaltete Jugendzentrum den örtlichen Feierabend-Politikern ein Dorn im Auge ist. Es wird vermutet, daß die Kürzungen einen Status Quo schaffen sollen, um in den folgenden Jahren den Geldhahn weiter zuzu-
drehen. Diese Vermutungen weist Karin Rogalski lapidar von sich: Es sei möglich, so die Bezirkspolitikerin, daß im nächsten Jahr die Zuschüsse für das Stadtteilzentrum „wieder erhöht werden.“ Kontinuität jedenfalls scheint nicht das Entscheidungskriterium für die Vergabe der Subventionen zu sein. Nikos Theodorakopulos
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