: Zuflucht für mißhandelte Mädchen
■ Erstes Mädchenhaus Schleswig-Holsteins eröffnet / An der Küste wie in Hamburg fehlt es jedoch an Wohnungen
/ An der Küste wie in Hamburg fehlt es jedoch an Wohnungen
Die erste Zufluchtsstätte für mißhandelte Mädchen in Schleswig- Holstein öffnete gestern in Kiel ihre Pforten. Ein Angebot, das es in dieser Form selbst in Hamburg nicht gibt. Denn während das feministische Projekt an der Küste autonom ist, untersteht das hanseatische Mädchenhaus dem stadtstaatlichen Amt für Jugend.
Seit drei Jahren gibt es zwar schon eine Beratungsstelle in Kiel- Gaarden, doch in akuten Notsituationen, wenn beispielsweise ein Mädchen nicht zurück zu seinem Vergewaltiger nach Hause wollte, fehlten die Unterbringungsmöglichkeiten. „Es gibt einige Frauenhäuser in Schleswig-Holstein, doch diese dürfen keine Minderjährigen aufnehmen“, erzählt Mitarbeiterin Gabi Mehmel. Zudem sei es unsinnig, Mädchen dort einzuquartieren, da junge Frauen eine andere Betreuung bräuchten als ältere.
In dem neuen Kieler Mädchenhaus können zehn Hilfesuchende im Alter von 14 bis 21 Jahren Unterschlupf finden. Die Adresse ist geheim, damit die Mädchen vor eventuellen Bedrohungen geschützt sind. Hat sich eine Betroffene mit der Beratungsstelle oder der Zufluchtsstätte direkt in Verbindung gesetzt, wird sie von einer Mitarbeiterin an einem vereinbarten Treffpunkt abgeholt. Gedacht ist das Mädchenhaus für einen kurzfristigen Aufenthalt. Mädchen in Not sollen zur Ruhe kommen und zusammen mit den Betreuerinnen nach Auswegen suchen. Ob die Verweildauer tatsächlich so kurz bleibt, daran zweifelt Gabi Mehmel allerdings: „Für die jungen Frauen eine eigene Wohnung zu finden, ist sehr schwer. Uns wird es wohl so ergehen, wie den Frauenhäusern, die aus allen Nähten platzen, weil immer neue Frauen hinzukommen, aber kaum welche gehen.“
Für ganz junge Mädchen kommt eine eigene Wohnung erst gar nicht in Frage. Für diese müßten Wohngruppen her. Doch dafür fehlt den Kielerinnen vorerst das Geld. In diesem Punkt sind die Hamburgerinnen schon weiter. Zum Beispiel „Allerleirauh“ in der Tarpenbekstraße 63 bietet zwei Wohngemeinschaften für Mädchen an. Für eine dritte stehen zwar schon die Finanzen bereit, doch es sei einfach keine Wohnung zu bekommen, so eine Mitarbeiterin. Ähnliche Probleme hat in Hamburg auch das fünfte autonome Frauenhaus, das seit langer Zeit verzweifelt nach Räumlichkeiten sucht. Sigrun Nickel
Autonomes Mädchenhaus Kiel
0431/642069 (rund um die Uhr), Treffpunkt und Beratung in der Kaiserstraße 58, Kiel 14, 0431/733775. Hamburger Mädchenhaus 63200265
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen