piwik no script img

Warum habe ich Diestel angezeigt?

Anfang Juli hatte ich bei der Zentralen Ermittlungsstelle für Regierungs- und Vereinigungskriminalität gegen den CDU-Politiker Peter-Michael Diestel Strafanzeige erstattet. Meine Anzeige verweist auf den begründeten Verdacht, daß unter Diestels Verantwortung und mit seiner Beteiligung

1. Grundstücke und Vermögenswerte aus dem Besitz der ehemaligen DDR an Staatsangestellte und Würdenträger des untergegangenen Staates zuungunsten des öffentlichen Eigentums und der rechtmäßigen öffentlichen Ansprüche veruntreut wurden und

2. wichtige Unterlagen und Dokumente aus den Beständen des ehemaligen MfS vernichtet oder beiseite geschafft wurden, um die Stasi- und SED-Kriminalität zu verdunkeln und Beweismaterial zu vernichten. [...]

Es geht mir in meiner Anzeige nicht nur um die Villen und Seegrundstücke, die auch unter Diestels Verantwortung an die alten Nutzer quasi verschenkt wurden. Meine öffentliche Fragestellung zielt vielmehr auf die Art der Umwandlung der Gesamtwirtschaft der Ex-DDR.

Ist es gelungen, u.a. durch Diestels Repressions- und Vernebelungsaktionen die Stasi-Dienstanweisung 6/86 (OibE-Ordnung) zu verwirklichen? Schon 1986 wurde beim MfS geplant, daß im Falle des Zusammenbruchs die an den entscheidenden Stellen von Wirtschaft und Verwaltung sitzenden OibE sich das von der Bevölkerung erarbeitete Staatseigentum nun auch juristisch privat unter den Nagel reißen. Es gibt Anzeichen, daß auch konkurrenzfähige Betriebe in den Bankrott getrieben wurden. Stehen da auch Interessen von großen westlichen Industrie- und Finanzunternehmen dahinter? Die äußerst kargen Ergebnisse des Schalck-Untersuchungsausschusses sprechen sehr für die Existenz derartiger Ost-West-Verbindungen.

Es gibt über die von mir angesprochene Art der Privatisierung von Staatseigentum einen sehr guten Film vom ARD-Studio Ostdeutschland: Gesucht wird ... die Mafia Ost. Hier wurde am Beispiel der Firma „Robotron“ nachgewiesen, wie Auslands-Devisenkonten und völlig unterbewertete Sach- und Grundkapitalposten während der Amtszeit des zuständigen obersten Polizisten Diestel von Stasi-Offizieren geklaut wurden.

Werden wir einmal in die Lage versetzt sein, diese Verluste auf die Gesamtwirtschaft hochzurechnen, entstehen mit Sicherheit Milliardenbeträge, die heute von der „öffentlichen Hand“ dringend für Investitionen, Verkehrsbau, Umweltschutz, Gesundheitswesen und Kindergärten gebraucht würden. [...] Uwe Bastian, Berlin (Ost)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen