: SOMNAMBOULEVARD — MAU UND FRAN VON MICKY REMANN
Leider hat die berechtigte Kritik an der Maskulinguistik bisher nicht zu einer Feminisierung der Sprache geführt. Entweder kam es zum klobigen Quotenspeak der man/frau-ProporzInnen oder zu einer entschlechtlichten Neutralsprache. Gegen beide werden hier auf dem Somnamboulevard, wo — wie auch jetzt — ein dauer-erotischer Baß alle Träume durchbrummt, erhebliche Einwände laut.
Wie, so lautet hier die Frage, die uns berührt und erregt, wie läßt sich dem Sexlife der Sprache Rechnung tragen, ohne daß sich ein Geschlecht auf Kosten des anderen als chauvinistischer Grammatikator aufplustert? Einige unserer Linguistmauen (Erklärung unten) experimentieren nun mit androgynen Sprachentwürfen. Ihr erster Vorschlag: Das übermännliche „man“ wird durch die hermaphroditisch verschmolzenen Indefinitpronomen mau und fran ersetzt. In Dr. Oetkers Kochbuch könnte es dann sowohl: „fran nehme 3 Eier“ heißen, als auch: „mau gebe etwas Öl dazu“, was sich gleichberechtigt auf die Tätigkeit von Köchin und Koch bezieht, oder, um die neuen Androgyn- Endungen gleich zu verwenden, auf Kochmau oder Kochfran. Im männlichen Fall darf diese Person dann sowohl der Kochmau als auch der Kochfran bzw. im weiblichen Fall die Kochfran oder die Kochmau genannt werden. Bei der Pluralbildung der auch substantivisch verwendbaren Mau und Fran hat mau sich auf Frans und Mauen geeinigt, allerdings erst nach langen, erbitterten Diskussionen unter den somnambulen Linguistfrans, was ihnen aber immer noch besser behagt als „LinguistInnen“, denn das, sagen sie, sähe ja aus wie eine Balkanlandkarte.
So wird also die ARD demnächst von „10.000 Mauen auf den Rängen“ sprechen, während das ZDF beim selben Bundesligaspiel meldet: „10.000 Frans feuerten die Fußballer an.“ Beide haben recht, sofern unter den Zuschaumauen Männer und Frauen, die Spieler aber alle Männer sind.
Bei gemischtgeschlechtlichen Teams jedoch muß es dann statt „Fußballer“ natürlich Fußballmauen heißen oder, aber das ist, wie gesagt, egal, Fußballfrans. Die Richtung ist klar, besonders wenn ich anfüge, daß die Adjektive franig und mauend lauten, die Partizipformen jedoch franend und mauig. Wie zum Beispiel: „In der franigen Disco war mauig was los“ — was immer das heißen mag. Alle Mauen, die von sich selber reden, bewahren aber Geschlechtsfreiheit in bezug auf den Artikel, so daß eine Frau mit gleichem Recht „Ich bin eine Fran“ sagen kann, wie ein Mann „Ich bin ein Mau“. Oder umgekehrt.
Um uns vom Wirrwarr der Pronomen und Artikel auch gleich mit zu erlösen, haben unsere Sprachforschmauen das undeklinierbare esi ersonnen, welches auf einen Streich die ganze Vielzweckerotik enthält, die jetzt noch in er, sie, es und der, die, das verzettelt ist. Statt also mit „Der Inhaber dieses Passes ist Deutscher“ sexistisch abgestempelt zu werden, wird esi Mau somnambulinguistisch vollandrogyn sagen können: Esi Inhaberfran esi Passes ist Deutschmau.
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