Mutierte Kartoffeln sollen auf den Acker

■ Forschungslabor hat Erbanlagen der Erdäpfel so verändert, daß sie Bioplastik produzieren/ Jetzt soll die Pflanze im Freien getestet werden

Berlin. Kartoffeln, bei denen Berliner Gentechniker die Erbanlagen verändert haben, sollen unter freiem Himmel getestet werden. Die »Freisetzung« plant das Berliner Institut für genbiologische Forschung (IGF) für das kommende Jahr bei Rostock (Mecklenburg-Vorpommern) und in Einbeck (Niedersachsen). Das berichtet der »Gen-ethische Informationsdienst« (GID) in seiner August- Ausgabe.

Arnd Heyer, Sprecher des Forschungsinstituts, bestätigt den Bericht. In den Gewächshäusern des Instituts seien die Gene von Kartoffeln so manipuliert worden, daß zwei neue Kartoffelsorten gezüchtet werden konnten. Die eine Sorte zeichne sich durch besonders große Knollen aus, bei der anderen sei nur noch eine Komponente der Kartoffelstärke vorhanden — das sogenannte Bioplastik. Und das eigne sich besonders gut für Kunststoffolien, die nach Gebrauch biologisch abbaubar seien.

Derzeit werden die für das kommende Jahr geplanten Pflanzungen mit den Mitarbeitern des Instituts abgestimmt, weil die Versuche nicht gegen ihren Willen durchgeführt werden sollen. Das IGF, dessen Jahresetat von neun Millionen Mark jeweils vom Land Berlin und dem Chemiekonzern Schering finanziert wird, will den Versuch allerdings nicht in Berlin durchführen. Das Gentechnik-Institut verhandelt mit der Kleinwanzlebener Saatzucht AG in Einbeck und der Außenstelle der Bundesanstalt für Züchtungsforschung an Kulturpflanzen in Groß Lüsewitz bei Rostock.

Angeblich sollen bei dem Test mit den »Superknollen« und der »Plastikkartoffel« keine Risiken für Mensch und Natur bestehen. Erdäpfel würden sich nicht wild vermehren. Und selbst wenn anderen Pflanzen oder Bodenorganismen die Labor-Gene in ihre Erbanlagen einbauten, würden sie mit dem künstlichen Erbgut nicht widerstandsfähiger werden als ohne, so Heyer. Mit dem Freilandversuch solle getestet werden, ob die Gen-Kartoffeln in natürlichem Klima gedeihen. Im Gewächshaus sei der Ertrag mit einem Pfund »Material« für eine Beurteilung untauglich gewesen. Wenn die Anbaupartner zustimmen, werde die Genehmigung der Versuche beim Bundesgesundheitsamt beantragt.

In der Bundesrepublik wäre das der zweite Freilandversuch mit genmanipulierten Pflanzen. Vor drei Jahren wurden Petunien gepflanzt, die statt weiß lachsrot blühen sollten. Kartoffeln aus der Retorte sind bisher nur auf Schweizer und niederländische Äcker losgelassen worden. Die Eidgenossen hatten das Knollengewächs gegen einen bestimmten Virus widerstandsfähig gemacht. Der Versuch sei auf massive Kritik in der Öffentlichkeit gestoßen, berichtet Floriane Koechlin vom »Baseler Appell«, weil die Gefahr bestand, daß sich durch die Antivirus-Kartoffel neue Viren bilden. Dirk Wildt