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Auf den Stuhl und Arme kreiseln!

■ Wie Poona aus jedem einen Anonymen Olympiasieger machen will

Am Samstag abend, kurz nachdem Dieter Baumann Olympiasieger über 5.000 Meter geworden war, fiel bei uns eine Pressemitteilung der Oshu Commune International aus Poona aus dem fax. Wir dokumentieren im Wortlaut:

Ein Meditationsprogramm speziell für Barcelaona schlug jetzt Oshos Arzt, Dr. Prem Amrito, auf einer Pressekonferenz in Poona vor. „Gier, bittere Enttäuschung und Neid — Dinge, die das Bild der Olympischen Spiele entscheidend mitprägen, könnten sich durch eine einfache Methode in Glücksgefühle auflösen“, sagte Amrito zur Begründung seines Vorschlags, alle Teilnehmer der Spiele sollten eine Olympia-Meditation praktizieren.

Er bezog sich auf eine Äußerung der olympischen Schwimmerin Anita Nall; sie hatte gesagt: „Vor einem Rennen versuche ich meinen Kopf leer zu machen.“ Amrito: „Jeder Sportler weiß aus eigener Erfahrung, daß er immer dann Höchstleistungen bringt, wenn das Denken aufhört. Nur ein Problem ist: Was tut er, um Kopf und Körper dahin zu bringen? Genau das ist die Aufgabe dieser Meditation“. Sie hat drei Phasen:

Man stellt sich auf einen Stuhl, lächelt, wedelt mit den Armen in der Luft, so als hätte man gerade die Goldmedaille gewonnen. „Das gibt einen Geschmack vom Siegerglück, nach dem sich jeder Olympiakämpfer sehnt.“

Man kniet oder wirft sich auf den Boden hin und stellt sich vor, gerade das Rennen verloren zu haben. Man heult und trommelt mit den Fäusten auf den Fußboden oder prügelt auf ein Kissen ein und läßt den ganzen Frust raus.

Man setzt sich 10 Minuten still in ein Zimmer und schaut dem inneren Gedankenprozeß zu.

„Eine solche Methode würde automatisch dazu führen, daß es weniger Disharmonie gäbe“, meinte Amrito. Den Namen „Anonyme Olympioniken“ begründete er damit, daß jeder dies allein hinter verschlossenen Türen praktizieren könne.

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