: Walter Momper geht ins Baugeschäft
■ SPD-Chef steigt als Generalbevollmächtigter bei der Baufirma Ellinghaus ein/ Er will Parteichef bleiben
Berlin. Viele SPD-Mitglieder waren einfach verdattert. »Ist das 'ne Ente, oder was?« fragte ein Sozi, als er von der jüngsten Kapriole seines Landesvorsitzenden Walter Momper erfuhr. Der verkündete gestern nachmittag — für die meisten Parteimitglieder überraschend — seinen Eintritt in die Geschäftsführung der Ellinghaus GmbH.
Als Generalbevollmächtigter in der Firma des früheren Chefs der SFB-Abendschau, Gert Ellinghaus, will sich Momper nach eigenen Angaben um die Sanierung von Plattenbauten und um Projekte der Stadtsanierung kümmern. Außerdem soll er sich um Aufträge der Bundesregierung bemühen, die nach Mompers Worten bereits angekündigt hat, einige ihrer Bauten in Berlin in privater Regie errichten zu lassen.
Ellinghaus habe ihn »natürlich« auch wegen seiner »Verbindungen« eingestellt, sagte der SPD-Chef zur taz. Um Interessenkonflikte zu vermeiden, werde er zwar Gespräche mit Vertretern des Bundes und der neuen Länder führen, nicht jedoch mit Berliner Behörden. Über die Höhe seines Gehalts wollte sich Momper nicht äußern. Das Amt des SPD-Chefs will er neben seinem neuen 38,5-Stunden-Job behalten.
Das Schicksal eines Langzeitarbeitslosen bleibt ihm nun auf jeden Fall erspart. Seit er im Januar 1991 das Amt des Regierenden Bürgermeisters abgeben mußte, blieb ihm nur noch der — unbezahlte — Posten des Landesvorsitzenden seiner Partei und sein Abgeordnetenmandat. Seine Bemühungen um ein Senatorenamt blieben ebenso erfolglos wie seine spätere Bewerbung um den Geschäftsführerposten der Berliner Olympia GmbH.
In der SPD stieß Mompers Schritt gestern auf wenig Begeisterung. »Ich bin da sehr skeptisch«, sagte die Sprecherin der Linken in der Berliner SPD, Monika Buttgereit. Sie würde sich »wünschen«, so Buttgereit zur taz, »daß die SPD nicht in Verbindung mit der Baubranche gebracht werden könnte«, die in Berlin »zu Recht« einen sehr schlechten Ruf genieße. Die SPD müsse sich »grundsätzlich« fragen, ob Mompers neue Tätigkeit mit dem Amt des Parteivorsitzenden »zu vereinbaren ist«, mahnte Buttgereit.
Momper wies diese Kritik zurück. Er sei »nicht bei der Baubranche, sondern bei Ellinghaus angestellt«. Er werde bei den Vorstandswahlen im Oktober erneut für den Vorsitz kandidieren. Seine Partei sei »frei in der Wahl ihres Vorsitzenden«.
Die Firma Ellinghaus hatte ihre Tätigkeit 1988 aufgenommen und zunächst Containerwohnheime für Aussiedler aufgestellt. Später stieg der frühere Fernsehmann auch in den Wohnungsbau und andere Immobilienprojekte ein. Derzeit sind nach Angaben von Ellinhaus Projekte mit einem Volumen von 1,3 Milliarden Mark in Bearbeitung, darunter ein Airport-Park in Schönefeld. hmt
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