: Women in (e)motion
■ Freitag bis September: Jazz, Gospel, Blues von wunderbaren Musikerinnen / Finanzierung wackelig
Jungs auf Bühnen, wohin man blickt! Männer bilden Bands, schlagen Gitarren und andere Instrumente, gucken serienweise von Konzertplakaten herunter. Nicht, daß es keine Musikerinnen gäbe, zum Beispiel für Jazz und Gospel und Blues!
„Das ist die Musik, die ich mag“, sagt Petra Hanisch schlicht und erklärt damit, warum sie zum dritten Mal in sechs Jahren für „ihre“ Bremer Konzert-Reihe „women in (e)motion“ Zeit, Geld, erfindungsreiche Recherchen und ihre jahrelangen persönlichen Kontakte investiert hat, um ein besonderes Konzertprogramm zu organisieren: um bekannte und auch hier unbekannte weibliche Musik-Größen dem Bremer Publikum vorzustellen.
Männer-Musiker gehen auf Tourneen, werden von Agenturen angeboten, sind auf dem internationalen Markt dadurch preiswerter verfügbar. Die meisten dieser Künstlerinnen nicht. Viele haben sich nach oft vielversprechendem musikalischen Start für die Familie von den Bühnen zurückgezogen uns sind erst später, manchmal erst im richtig hohen Alter, wieder in die Konzertsäle zurückgekehrt. Für die Bremer Organisatorin hieß das: Sie mußten im Ausland erst ausfindig gemacht und eingeflogen werden, und das ist teuer. Sponsoren waren für das Projekt kaum aufzutreiben: Musikerinnen, das riecht doch nach Feminismus. Dabei will Petra Hanisch ausrücklich und gerade auch das männliche Publikum in die Konzertsäle locken, um die einschlägigen Vorurteile zu knacken.
Das Programm ist anspruchsvoll und mit viel Überlegung zusammengestellt, das professionell gestaltete Begleitheft berichtet spannend von den Frauenschicksalen, ihren Rückzügen, Karrieren, Widerständen, Pleiten und Preisen. Manche Abende zeigen eine musikalische Entwicklung über mehrere Jahrzehnte auf. Etta Baker, die fast 70jährige Südstaatlerin, steht mit Patty Griffin, der Nachwuchssängerin mit der akustischen Gitarre, auf der Bühne. (19.8., 21.8., 22.8., 22.30h, Schauburg, 23.8. 21h Kito).
Oder: Fontella Bass, ein großer Name in den USA, hatte schon als Kind Gospel gesungen, war gegen den Willen ihrer Mutter in Clubs aufgetreten. Nach ihrem Soul-Welthit „Rescue me“ hatte sie sich entnervt über Jahre vom Musikgeschäft zurückgezogen und der Familie gewidmet. (28.8., 20h Rathaus Stuhr, 29.8. 21h Überseemuseum). Oder: Lillian Boudion Almond, Jahrgang 1921, singt Balladen, ihre Tochter Lucille Grace begleitet sie auf der akustischen Gitarre. Nach der Pause wechselt Lucille zur E-Gitarre ihrer Band “Big Foot“ (14.8., 23h, Schauburg). Aus der New Yorker Jazz-Aventgarde-Szene kommen die Pianistinnen Michele Rosewoman und Renee Rosnes (26.8., 21h, Schauburg). Mit einer persönlichen und musikalischen Biografie, die reichhaltig für mindestens drei Leben wäre, ist Maisha Grant für die große Feier für die Schauburg-Eröffnung engagiert.
Was man schon ahnte: Die Konzertreihe, mit der die Kultursenatorin bereits mit 30.000 Mark Zuschuß als „Förderschwerpunkt“ glänzen konnte, ist finanziell erstens höchst ungesichert und lebt zweitens vom nicht einmal unterbezahlten, sondern unbezahlten Engagement der Organisatorin Hanisch: „Ich persönlich trage das Risiko. Wenn am Schluß 20.000 Mark fehlen, habe ich Schulden; jedesmal eine große Zitterpartie.“ Für die ganz großen Namen oder große Formationen fehlt ohnehin das Geld für Honorare und Flüge, wenn auch eine Kooperation mit der Hamburger Fabrik, dem Kito und dem Stuhrer Rathaus die Kosten senken und durch mehrere Auftrittsmöglichkeiten die lange Anreise attraktiver machen soll. Die ARD kauft und sendet Konzert- Mitschnitte, Radio Bremen nimmt auf. Trotzdem, findet Petra Hanisch, geht es so nicht weiter: „Ich muß von meiner Arbeit doch auch leben können.“ S.P.
Frau mit Schal
+ Gitarre
Patty Griffin, zusammen mit Etta Baker am 19., 21., 22., 23. 8., Schauburg und Kito
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