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Null Interesse an Prestige-Objekt

■ Beckmeyer sucht nach richtigem Zeitpunkt für Ausstieg aus Lieblingsvorhaben

Ein Lieblingsprojekt von Uwe Beckmeyer steht vor dem Aus. „Nord- und Osteuropäisches Handelszentrum“ hieß das Wunschkind des ehemaligen Wirtschaftssenators, mit dem er Schwung in das Wirtschaftsleben seiner Heimatstadt Bremerhaven bringen wollte. Rund eine Million Mark aus dem Haushalt machte Beckmeyer für kostspielige Bremerhaven-Präsentationen in Skandinavien locker, allein: Es fand sich nicht ein einziger Interessent der benötigten 40 Firmen für das ehrgeizige 20-Millionen- Projekt. Und dies, obwohl Beckmeyer die Pläne für so überzeugend hielt, daß dafür ein anderer Betrieb umgesiedelt und eine alte Villa abgerissen wurde. Auch ein ehrgeiziger architektonischer Entwurf wurde bereits erstellt. Dafür konnte der damalige Wirtschaftssenator den Architekten Peter Weber gewinnen, der auch schon des Senators Wohnhaus in Bremerhaven konzipiert hat, und der auch an der Renovierung des ehemaligen Beckmeyer-Amtssitzes an der Martinistraße beteiligt war.

„Es ist sehr schwer, Unternehmen davon zu überzeugen, daß eine Niederlassung in Bremerhaven Sinn macht“, bilanzierte Rüdiger Staats, Pressesprecher von Uwe Beckmeyer. Zur Zeit sei ein großes Handelszentrum zwar nicht vermietbar, aber dennoch wolle Beckmeyer, der als Senator für Außenhandel die Zuständigkeit mitgenommen hat, das Handelszentrum noch nicht zu den Akten legen.

Dies vor allem wohl auch, weil der Großinvestor Hans Grothe über das Handelszentrum gelockt worden war, in Bremerhaven seine umfangreiche Kunstsammlung in einem eigens zu errichtenden Museum auszustellen. Im Gegenzug sollte Grothe die 20-Millionen-Investition tätigen, die der Wirtschaftssenator dann über einen langfristigen Mietvertrag gewinnbringend abfinanzieren wollte. Ein ähnliches Modell läuft bereits mit dem Asian Pacific Trade Center in Bremen. Auch hier hat Grothe investiert und Bremen trägt das Millionenrisiko für das schwer an die Unternehmer zu bringende Gebäude. Vor einem endgültigen Aus für das Bremerhavener Handelszentrum steht Beckmeyer in der Pflicht, für Grothe Ersatz schaffen.

„Die Idee ist nicht begraben, sondern das Gebäude“, meint dagegen Bremerhavens Wirtschaftsdezernent Werner Lenz. Lenz hatte immer mehr Wert auf Akquise in Osteuropa gelegt. Er verweist darauf, daß dadurch bereits 15 polnische Firmen einen Sitz in der Bremerhavener Jungfischerschule genommen hätten. Beckmeyers skandinavische Akquisebemühungen „mit Hochglanzprospektchen“, waren für Lenz dagegen „alle für die Katz'“. Lenz favorisiert jetzt einen anderen Standort für ansiedlungswillige Dienstleistungsunternehmen: die in absehbarer Zeit freiwerdende Carl-Schurz- Kaserne.

In eine ähnliche Richtung gehen Überlegungen von Wirtschaftssenator Claus Jäger. Als ehemaliger Parlamentarier habe er „eine blütenreine Weste“, meint Jäger, da er die Konzeption immer schon für wenig überzeugend gehalten habe. Jäger: „Man kann nicht Geld ausgeben, ohne studiert zu haben, ob es überhaupt Nachfrage gibt.“ Nach Jägers Einschätzung ist Beckmeyer „der einzige, der das noch haben will“. Doch so richtig will wohl auch Beckmeyer nicht mehr: Sein Sprecher Staats verkündet bereits den geordneten Rückzug. Die ehemalige Carl-Schurz-Kaserne sei ein sehr interessantes Gelände. Staats auf die Frage, ob man nicht auch dort ein Handelszentrum machen könne: „Warum nicht?“

hbk

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