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FREITAG

„Duell im Stau“ heißt ein erschreckend zeitgemäßes Hörspiel von Konrad Wühr. Die spannungsreichen Szenen aus dem wilden Autobahnleben finden um 14.05 Uhr beim S2-Kultur statt.

Eine erfreuliche Art von künstlerischem Fremdgehen steht um 23.00 Uhr im SFB 3-Programm. Von Hause aus ist Sybille Tiedemann, die Uhrheberin von „Odeonfragment“, Dokumentarfilmerin. Eine heimliche Liebe zur Filmmusik, dem Stiefkind der Branche, gestand die Autorin jedoch schon in ihrem letzten großen Film über Filmkomponisten: „La Colonna Sonora“. Es ist also nicht verwunderlich, daß Frau Tiedemann während einer Dokumentation über die Ostberliner Theatergruppe „Lautlinie“ bei deren synästhetischen Produktionen gleich wieder merkte: Sie hat ein Öhrchen für akustische Qualität bei scheinbar primär visuellen Kunstformen. 1987 gründete Amina Gusner — damals Schauspielerin an einem Provinztheater der DDR — mit „dem Bassisten aus dem Orchestergraben“ eine der ersten freien Theatergruppen der Republik. Die Motivation für diesen ungewöhnlichen Schritt war ein gemeinsamer Unwillen gegenüber dem festgefahrenen volkseigenen Kulturbetrieb. Mutig und dynamisch schleuderten sie als „gemischtes Doppel“ dem sozialistischen Einheits-Alltag ihre eigenwilligen szenischen Text/Bild- Fragmente entgegen. Allerdings hat sich ihr ironisch-groteskes Spiel auch nach der Kehrtwendung des Landes nicht verändert. Ob Ostmief oder Westhektik — sie setzen ihre expressionistisch-framgentarischen Lautlinien fort. Frau Tiedemanns Rundfunkarbeit zu Texten und Musik dieser Theatergruppe ist kein „Abfallprodukt“ ihres Dokfilmes, sondern ein kongenialer Coup: Es entstand ein eigenständiges experimentelles Hörspiel: eine szenische Kollage.

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