: Depressive Löcher
■ Nach der Enttarnung der Neubrandenburger Sportlerinnenmästerei: Dopingfahnder pessimistisch
Köln (dpa) — Auch nach der Überführung der Sprint-Weltmeisterin Katrin Krabbe und ihrer Gefährtin Grit Breuer als „anabolikagemästete“ Athletinnen ist Rüdiger Nickel, Vorsitzender der Anti-Doping-Kommission des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), überzeugt, daß neue Skandale folgen werden. „Wer glaubt, daß wir nach dem Fall Johnson eine heile, dopingfreie Welt haben, ist blauäugig. Wir wissen, daß weitere Doping-Fälle auf uns zukommen“, sagte Nickel nach der Bekanntgabe des Ergebnisses der B-Analysen. In insgesamt acht Proben der beiden Athletinnen aus der vorolympischen Trainingsphase zwischen dem 2. und 23.Juli konnten Spuren des anabolikahaltigen Präparates Clenbuterol ermittelt werden.
Daß Sportler und ihr Umfeld auf ein Mittel wie Clenbuterol zurückgreifen könnten, hatte selbst Doping-Experte Prof. Manfred Donike nicht für möglich gehalten. „Ich muß ehrlich sagen, daß ich mir nicht vorstellen konnte, daß es aufgrund der Nebenwirkungen im Humanbereich genutzt werden könnte“, sagte Donike. „Nehmen Sie einmal ein Tablette. Sie kriegen das Handzittern.“ Erst ein Vortrag eines Mitarbeiters des kanadischen Doping-Labors aus Montreal hatte dafür gesorgt, daß Clenbuterol als mögliches Dopingmittel in die Rasterfahndung integriert wurde.
Die Fallstricke der Doping-Bekämpfer sind dichter gesetzt worden, doch auch Donike sieht trotz der Fortschritte kein Ende. „Die anabolen Steroide haben in Barcelona praktisch keine Rolle mehr gespielt. Die Trainingskontrollen haben präventiv gewirkt“, berichtete Donike, „aber es wäre vermessen, dies nur auf Abschreckung zu schieben. Höchstwahrscheinlich haben Athleten auch die Mittel so früh abgesetzt, daß sie in einem depressiven Loch bei den Spielen waren.“
Die Hoffnungen, daß Bluttests, die das Internationale Olympische Komitee bereits bei den Winterspielen 1994 in Lillehammer einführen will, zum sauberen Sport führen, muß Donike zerstören. „Die Bluttests können nur eine Ergänzung zu den Urinproben sein. Das müssen die Funktionäre wohl noch lernen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen