: 17 Ordner Gewalt
■ Das Frauenarchiv im „belladonna“, eines der bedeutendsten in Deutschland, wird bald fünf Jahre alt
Maren Bock, Gründerin des Archivs, vor den Kolonnen der Ordner betr. Gewalt, Liebe, Geld oder MachtFoto: Katja Heddinga
Schlagwort „Gewalt“: 17 Presseordner von insgesamt 150, die die Wände des Bremer Frauenarchivs füllen, tragen diese Aufschrift.
Gewalt gegen Frauen/Mädchen, Gewalt in Ehe/Familie; Sexismus am Erwerbsarbeitsplatz,
Angefangen hat alles mit einer systematischen Auswertung der taz
Sextourismus, Vergewaltigungen und „Gewalt von Frauen“ sind die einschlägigen Unterschlagworte. Kein anderes der 58 Hauptschlagworte hat einen auch nur annähernd vergleichbaren Umfang aufzuweisen. Überraschend ist das nicht — erschrecken tut es doch.
Zu finden aber ist auch ein Ordner mit dem Schlagwort „Liebe“ — und „Frauen in besonderen Lebensphasen“. „Geld“, „Macht“, „Psychatrie“, „Widerstand“ und, und, und...Frau kann selbst hingehen und stöbern oder for
hierhin bitte die Frau
vor Ordnerreihen
schen oder, wie es Studentinnen aus anderen Städten oder öffentliche Medien häufig in Anspruch nehmen, für 15 bzw. 40 Mark pro Stunde recherchieren lassen. Die drei Mitarbeiterinnen Maren Bock, Christa Anders und Monika Brunnmüller sind Fachfrauen in Sachen feministische Theorie und Frauenbewegung und helfen Besucherinnen, einen Zugang zu ihrem jeweiligen Thema zu finden.
Die allerersten Anfänge des Bremer Frauenarchivs liegen im AStA-Frauenreferat der Universität Bremen. „Hier, in diesem grünen Plastikörbchen, haben wir die ersten Examensarbeiten zu Frauenthemen gesammelt“, sagt Maren Bock, die Begründerin des Archivs. Das Frauenwissen sollte nicht ungelesen in den Schubladen verstauben.
Schnell sprach sich an der Uni herum, daß auf einem Regal im AStA-Frauenraum die Anfänge eines Archives lagerten. Professorinnen und Studentinnen brachten ihre Referate und Thesenpapiere und jede Menge „graues
Material“, d.h. Flugblätter, Plakate, Alltagsinformationen über Frauenaktivitäten. 1984 begann Maren Bock mit einer systematischen Auswertung der taz, 1985 kamen dann, durch AStA-Gelder ermöglicht, abonnierte Frauenzeitungen und andere Zeitschriften dazu.
Eine Gruppe von Frauen aus dem Frauenprojektstudium ar
beitete jetzt an der Sichtung und Archivierung des anschwellenden Materials und stand lange Diskussionen um ein geeignetes System der „Verschlagwortung“ durch. Ende 1987 wurde das Frauenarchiv offiziell im „belladonna“, dem Kommunikations- und Bildungszentrum für Frauen in der Sonnenstraße eröffnet.
Die Arbeit konnte durch Projektmittelzuschüsse von der Kulturbehörde und durch zweieinhalb Stellen, die allerdings noch vom „belladonna“ abgezweigt werden müssen, professionalisiert werden. In einem der beiden hellen Räume befindet sich auch eine kleine Präsenz-Bibliothek mit den Schwerpunkten „Bremen“, „Lesben“ und feministische Theorie, und das Frauenzeitschriften- Archiv mit 184 Titeln.
Das Frauenarchiv hat gute Beziehungen zum Bremer Staatsarchiv und arbeitet mit dem hiesigen Frauenbuchladen zusammen. Mit den Archiven in Hamburg, Berlin und Köln gibt es einen Austausch. Archivgründererinnen in Deutschlands Osten, die viel aufzuarbeiten haben, übernehmen aus Bremen das Schlagwortsystem.
40 deutschsprachige Frauenarchive gibt es in Deutschland. Das Bremer Archiv gehört inzwischen neben dem Hamburger und Berliner zu den bedeutendsten in Deutschland. Im Dezember feiert es seinen fünften offiziellen Geburtstag. Vielleicht gratuliert dann auch die Kulturbehörde, die das Frauenarchiv bis jetzt noch nicht als eigenständig zu förderndes Projekt anerkannt hat. Cornelia Kurth
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