: Nahostrunde: Kein grünes Licht der PLO
■ Palästinensische Teilnahme an bilateralen Gesprächen wegen fortgesetzter Siedlungspolitik fraglich
Tel Aviv/Algier (taz/AP) — Nach den Worten des PLO-Vorsitzenden Arafat ist die palästinensische Teilnahme an der nächsten Runde der bilateralen israelisch-arabischen Verhandlungen noch ungewiß. Die Nahostgespräche sollen am 24. August in Washington wieder aufgenommen werden. Der PLO-Vorsitzende warf US-Präsident George Bush vor, mit seinem Entschluß zur Freigabe der umstrittenen Kreditbürgschaft über zehn Milliarden Dollar an Israel einen Fehler begangen zu haben. Die USA hätten keinerlei Gegenleistungen verlangt, wie etwa eine wirkliche Beendigung der Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten, die Wahrung der Menschenrechte der Palästinenser in Westbank und Gaza- Streifen oder eine Klärung des Status von Jerusalem.
Jasser Abed Rabo, Mitglied des Exekutivrates der PLO, erklärte am Samstag in Tunis, daß die Palästinenser auch Rabins Vorstellung von einer Autonomie in den besetzten Gebieten ablehnten. Die Palästinenser verlangen ein Autonomie-Abkommen, das sich auf die UN-Sicherheitsratsresolutionen 242 und 338 stützt. Abed Rabo erklärte außerdem, daß die Palästinenser jetzt eindeutige internationale Garantien gegen jede weitere Siedlungstätigkeit Israels in den besetzten Gebieten verlangen werden. Diese Frage müsse vor allen anderen geklärt werden. Die 10.000 Wohnungen, die Rabin in der Westbank und im Gaza-Streifen weiterbauen lassen will, sollten den palästinensischen Familien zur Verfügung gestellt werden, deren Häuser von den israelischen Besatzern zerstört wurden. Die Sprecherin der Palästinenserdelegation, Hanan Aschrawi, erklärte erneut, daß die Kreditgarantien der USA unter den gegebenen Bedingungen den Friedensprozeß gefährden können.
Ende letzter Woche hatte Arafat- Berater Nabil Shatt bei vorbereitenden Beratungen der arabischen Vertreter in Kairo erklärt, die Eröffnung der bilateralen Verhandlungen müsse eventuell verschoben werden. Die PLO-Führung, die gestern mit den Mitgliedern der Palästinenserdelegation aus den besetzten Gebieten in Tunis beriet, will mit ihrer Entscheidung über eine Teilnahme an den Gesprächen nun abwarten, bis ihr der genaue Inhalt des Bush-Rabin-Abkommens über die Kreditgarantien aus den USA übermittelt wurde.
Während die PLO-Mehrheit letztlich Kompromisse sucht, damit die halbherzige Unterbrechung der israelischen Siedlungspolitik nicht zum Hindernis für einen Neubeginn der Verhandlungen wird, fordern die „Volksfront für die Befreiung Palästinas“ (PFLP) und die „Demokratische Front“ (DFLP) den sofortigen Boykott der Nahostgespräche bis zum völligen Siedlungsstop.
Nicht nur die Palästinenser üben seit Bushs Kreditgarantiezusage an Israel massive Kritik an den USA und zögern mit einer Zusage zur Teilnahme an den Gesprächen. Die jordanische Regierung machte deutlich, daß sie sich erst äußern wird, wenn in Tunis eine Entscheidung gefallen ist. Der syrische Präsident Hafis el Assad traf am Wochenende in Kairo ein, um mit Mubarak über das Bush-Rabin-Abkommen zu beraten — und über die militärischen Drohungen, die Israels stellvertretender Verteidigungsminister Gur während des Rabin-Besuchs in den USA gegen Syrien ausgesprochen hat.
Doch vor allem die Palästinenser müssen davon ausgehen, daß die Bush-Regierung ihren Druck verstärken wird, um sie zur Annahme von Rabins Bedingungen zu bringen. Bush will noch vor den Wahlen im November Erfolge aus dem Nahen Osten melden können, die er für seinen Sieg braucht. Wenn die Palästinenser jetzt mit einem Boykott der Verhandlungen Bushs Wahlkampf schaden, riskieren sie, daß der Demokrat Clinton Präsident wird. Sein besonders Israel-orientierter Stellvertreter Gore würde in den weiteren Nahostverhandlungen vermutlich einen für die Palästinenser noch ungünstigeren Kurs einschlagen. A.W.
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