: Souvenir aus Sellafield
■ Greenpeace präsentiert strahlenden Sand aus der Nähe der WAA, in der deutscher Atommüll entsorgt werden soll
Hamburg (taz) — Die Geigerzähler tickten hektisch, die anwesenden Radioreporter übten sich in der Technik, ein sendereifes Interview mit Mundschutz zu führen. Greenpeace hatte die Presse in einen Bunker im Hamburger Freihafen geladen, um ihnen ein besonderes Souvenir made in Great Britain zu präsentieren: strahlenden Sand aus Sellafield.
Zweimal waren die Greenpeace- Experten im Frühsommer an den Standort der englischen Wiederaufarbeitungsanlage gereist, hatten Bodenproben genommen, die radioaktive Belastung der Umgebung gemessen. Das Ergebnis fiel verheerend aus. Noch 14 Kilometer von der Wiederaufarbeitungsanlage entfernt, am Strand von New Beggin, einem beliebten Badeort, erreichte die radioaktive Kontaminierung des Bodens Rekordwerte. 6.700 Becquerel Plutonium-Strahlung pro Kilogramm Boden maßen die Naturschützer in Zusammenarbeit mit der Universität Manchester.
Hintergrund der Messungen: In Sellafield nimmt im Herbst eine zweite Aufarbeitungsanlage ihren Betrieb auf, die vor allem deutschen Atommüll verarbeiten soll. Die Verträge sind bereits unterschrieben: 884 Tonnen strahlender Abfall aus deutschen AKWs sollen in den nächsten zehn Jahren nach England transportiert werden, weitere 1.500 Tonnen sollen später folgen. Die neue Anlage ist um ein Vielfaches größer als Sellafield I. Nach Angaben der Betreiber wird der neue „Aufarbeitungs-Park“ zehnmal mehr Strahlung freisetzen als die Altanlage.
Schon heute liegt die Rate der Leukämieerkrankungen in der Umgebung der WAA 14mal höher als im englischen Durchschnitt. Roland Hipp, Atomexperte von Greenpeace: „Unsere Messungen beweisen, daß eine Aufarbeitung von deutschem Kernkraft-Abfall dem deutschen Atomgesetz widerspricht“. Das schreibt nämlich „eine schadlose Verwertung“ des strahlenden Gutes „nach neuestem Stand der Technik“ vor. „Angesichts unserer schockierenden Ergebnisse fordern wir von Umweltminister Töpfer den Sofortausstieg aus Sellafield.“ Töpfer aber beharrt darauf, daß die Aufarbeitung radioaktiver Brennelemente in Sellafield internationalen Grenzwerten und Sicherheitsstandards entspricht. Marco Carini
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