: Differenzen über Vorgehen im Südirak
■ USA bestätigen Flugverbotszone für irakische Luftwaffe/ Meinungsunterschiede zwischen westlichen Golfskriegsverbündeten/ Irakische Opposition fordert Errichtung einer Sicherheitszone für Schiiten
Washington (dpa/wps/taz) — Der Sicherheitsberater des Weißen Hauses, Brent Scowcroft, hat am Mittwoch abend bestätigt, daß die USA, Frankreich und Großbritannien übereingekommen sind, zum Schutz der Schiiten im Südirak eine Flugverbotszone für die irakische Luftwaffe südlich des 32. Breitengrades einzurichten.
Wie Scowcroft weiter sagte, müßten „nur noch einige Einzelheiten“ geklärt werden. Dies ist eine verharmlosende Formulierung, denn offenbar gibt es zwischen den westlichen Mitgliedern der alten Golfkriegsallianz und auch zwischen ihren Militärs immer noch erhebliche Meinungsunterschiede über das weitere Vorgehen. In der US-Regierung ist man offenbar der Auffassung, daß der britische Premierminister John Major zu schnell mit seiner Ankündigung vorgeprescht ist, „bereits in wenigen Tagen“ werde man das Überflugverbot etablieren und ihm durch die Drohung Nachdruck verleihen, jedes irakische Flugzeug im südirakischen Luftraum abzuschießen. Nicht nur über den Zeitpunkt des Beginns einer solchen Maßnahme gehen die Meinungen auseinander.
Kopfzerbrechen bereitet im Pentagon vor allem die Befürchtung, erneut in eine militärische Auseinandersetzung mit der irakischen Armee hineinzuschlittern, in der es auch Verluste in den eigenen Reihen geben könnte. Nach offiziellen Äußerungen aus Washington verfügt die US-Regierung über Informationen, denen zufolge die irakische Regierung einen während des Golfkrieges zerbombten großen Luftstützpunkt wieder aufgebaut hat. Außerdem sollen auch erhebliche Fortschritte bei der Wiederherstellung der irakischen Luftabwehrkapazitäten gemacht worden sein.
Britische, amerikanische und französische Politiker sind sich darüberhinaus uneinig, wie man auf den Umstand reagieren soll, daß der Krieg Bagdads gegen die schiitische Bevölkerung im Südirak gar nicht primär von der irakischen Luftwaffe, sondern von Bodentruppen geführt wird. Nach Schätzungen des Pentagon befinden sich derzeit rund 60.000 irakische Soldaten und mindestens 1.000 Panzer im Süden des Landes. Die Verhängung und Durchsetzung eines Flugverbots gegen die irakische Luftwaffe würde gegen deren Angriffe wenig bis gar nichts ausrichten, argumentieren vor allem amerikanische Militärs. Der französische Außenminister Pierre Joxe erklärte gestern in Paris, Frankreich sei bereit, im Rahmen der geplanten Aktion ein Dutzend Flugzeuge in den Südirak zu entsenden. Dabei soll es sich um Flugzeuge des Typs Mirage 2000 handeln, die bereits während des Golfkrieges gegen den Irak eingesetzt wurden.
Wie aus irakischen Oppositionskreisen verlautete, ist man mit der geplanten Aktion grundsätzlich einverstanden, fordert aber weitergehende Maßnahmen. Der britische Guardian zitiert Saad Jaber vom „Rat für die Befreiung des Irak“, mit der Äußerung, die Maßnahme „greife zu kurz“. Die Errichtung einer Schutzzone für die Schiiten im Südirak nach dem Modell des kurdischen Nordens sei unverzichtbar, „wenn kein weiterer Verlust an Menschenleben in Kauf genommen werden soll“, argumentierte er.
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