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USA trumpfen auf bei Somalia-Hilfe

Kenia beschwert sich über US-„Invasion“/ US-Soldaten für Somalia mit „Standardwaffen“  ■ Aus Nairobi Bettina Gaus

Die plötzlich erwachte Hilfsbereitschaft der Weltöffentlichkeit für die hungernde Bevölkerung Somalias nach Monaten der Gleichgültigkeit wirft in der Region neue politische Probleme auf. „Kenia protestiert gegen US-Invasion“ lautete gestern die Schlagzeile der Kenya Times, Organ der Regierungspartei KANU. Die spektakuläre Hilfsaktion der USA — die 145.000 Tonnen zusätzliche Nahrungsmittelhilfe zur Verfügung stellen und diese von US-Militärs nach Kenia als Ausgangsbasis transportieren lassen wollen — hat Wellen geschlagen, die dem Image der Vereinigten Staaten eher schädlich als nützlich zu werden drohen. In einer Veröffentlichung des kenianischen Informationsministeriums wird die US-Operation als „unkoordiniert“ bezeichnet.

Die US-Regierung habe nicht um die notwendige Genehmigung ersucht, auf dem Flughafen der Stadt Mombasa zu landen und kenianischen Luftraum für die Flüge nach Somalia zu nutzen, heißt es weiter. Dies sei eine „Mißachtung der kenianischen Souveränität und internationaler Luftfahrtbestimmungen“. Aus Regierungskreisen verlautete, man betrachte es als „Gipfel der Arroganz“, wenn irgendein Staat sein Militär in ein anderes Land schicke, ohne die Erlaubnis dazu von der dortigen Regierung eingeholt zu haben.

Die US-Botschaft bestreitet die Darstellung des Informationsministeriums. Allerdings hatte einer ihrer Sprecher bereits am Montag auf die Frage, was denn Kenias Regierung von der Operation halte, gegenüber der taz erklärt: „Da müssen Sie die Regierung schon selber fragen.“

Kenias Außenminister Ndolo Ayah und der US-Botschafter Smith Hempstone bemühten sich gestern, die Wogen zu glätten. In einer gemeinsamen Erklärung teilten sie mit, im Einvernehmen mit Staatspräsident Daniel Arap Moi ein Komitee zu bilden, dem auch Vertreter von Hilfsorganisationen angehören werden, um alle Details der Aktion zu koordinieren. Ein Teil der US-Hilfe ist auch für Dürreopfer in Kenia bestimmt. Ein erster Transportflug sollte nun gestern starten.

Der Konflikt dürfte den USA einen Vorgeschmack auf das geben, was sie in Somalia erwarten könnte. Der Leiter der Aktion, Brigadegeneral Frank Libutti, betonte gestern auf einer Pressekonferenz, die USA- Soldaten seien lediglich für den Transport der Güter zuständig, die dann vor Ort Hilfsorganisationen übergeben werden sollten. Gleichzeitig aber sagte er, die Militärs seien ausgerüstet mit „Standardbewaffnung für eine normale Militäroperation“. Die Frage, was im Falle eines Angriffs auf US-Soldaten oder einer Plünderung von Hilfsgütern geschehen werde, ließ er unbeantwortet.

Eine Verwicklung von US-Soldaten in den somalischen Konflikt könnte weitreichende politische Folgen haben, zumal sich einige Militärführer in Somalia erst nach langem Zögern bereit erklärt hatten, UNO- Truppen zur Sicherung von Hilfstransporten zu akzeptieren. Außer den USA haben in den letzten Tagen auch Frankreich, Großbritannien und Deutschland Hilfe zugesagt.

Deutscher Streit

Frankfurt (AP) — Zwei bundesdeutsche Transall-Maschinen sollten gestern im kenianischen Mombasa landen, um jeweils zweimal täglich je zehn Tonnen Hilfsgüter nach Somalia zu fliegen. Für die Aktion hat Bonn 20 Millionen Mark bereitgestellt, wovon 12,8 Millionen für Lebensmittel und Medikamente vorgesehen sind. Die Hilfsorganisation „Germanwatch“ kritisierte die Aktion. Germanwatch-Vorsitzender Holger Baum forderte 15.000 Blauhelme und sagte: „Nicht zwei, sondern zwanzig Transportmaschinen werden benötigt“. Die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Ursula Seiler-Albring, wies die Vorwürfe zurück und sagte: „Arabische Bruderstaaten“ Somalias, denen es sehr gutgehe, sollten sich „verflixt auch mal beteiligen an der Hilfe“. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Hans Stercken, sagte, weitergehende Hilfe sei zur Zeit nicht möglich, weil es in Somalia keine Autorität gebe, „um das durchzuführen“.

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