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Kaum Hürden für internationalen Müllhandel

■ Bundesrepublik hat die Basler Konvention gegen Müllhandel noch nicht ratifiziert/ Die EG konnte sich bislang nicht auf Richtlinie einigen / Mit Gesetzen allein ist dem internationalen Müllhandel jedoch nicht beizukommen

Der seit den 80er Jahren rasant zunehmende Müllexport ist paradoxerweise ein Resultat der Erfolge der Umweltbewegung hierzulande. Die Entsorgung des Zivilisationsunrates in Deutschland und einigen anderen westlichen Staaten ist durch den öffentlichen Druck mittlerweile zu einer teuren und komplizierten Angelegenheit geworden.

Dem Export in andere Länder getreu dem Sankt-Florians-Prinzip stehen jedoch bislang kaum juristische Schranken im Wege. Die Basler Konvention, die Ende 1989 von 70 Staaten, darunter die Bundesrepublik, unterzeichnet wurde, könnte hierfür ein Grundlage bieten. Doch das Vertragswerk ist, trotz mehrfacher Rügen der UNO, von der Bundesregierung bis dato nicht ratifiziert worden.

Im Bonner Umweltministerium wird dies mit Unstimmigkeiten auf europäischer Ebene begründet. Daher, so Umweltminister Töpfer im April dieses Jahres, müsse Deutschland das Vertragswerk nun im Alleingang umsetzen. Bei dieser Ankündigung ist es allerdings bis heute geblieben, noch immer gibt es im Umweltministerium hierfür keine konkrete Zeitvorstellung. „Eine klare Folge des Drucks von seiten der deutschen Industrie“, beurteilt Andreas Bernstorff von Greenpeace die Verzögerung. Dabei würde das von Umweltschützern kritisierte Abkommen den Müllexport nicht unterbinden, sondern ihn lediglich reglementieren und transparenter machen.

Auch bei der EG in Brüssel wird seit einiger Zeit an einer „Richtlinie zur internationalen Verbringung“ von Abfällen gearbeitet, ohne daß bislang ein mehrheitsfähiger Entwurf in Sicht wäre. Einzig das „Lome IV Abkommen“ zwischen der EG und den AKP-Staaten, 69 Ländern Afrikas, Asiens und der Karibik, zeigt Wirkung. Durch die Übereinkunft bleiben diese Staaten seit Juli 91 vom sogenannten Müllkolonialismus verschont.

Die fehlende Bereitschaft der reichen Länder, die Exkremente ihres konsumorientierten Lebensstils bei sich selbst zu entsorgen, hat mittlerweile viele Staaten der Dritten Welt auf den Plan gerufen. Mit Importverboten bekämpfen zur Zeit etwa 100 Länder den Müllhandel. Die spektakulärste Maßnahme ist die von der Organisation für Afrikanische Einheit im Februar 91 verabschiedete Konvention von Bamako, mit der jedes Dumping von Müll auf dem afrikanischen Kontinent verboten werden soll.

Zur Müllkippe des Westens avancierten nach dem Zusammenbruch des Ostblocks auch die Staaten Osteuropas und der GUS. Polen hat nach einer Serie von Zwischenfällen mittlerweile ein rigoroses Importverbot für Müll jeder Art erlassen. Mit Gesetzen allein ist dem internationalen Müllhandel jedoch nur schwer beizukommen. Zum einen fehlt es in den meisten der armen Ländern am nötigen Fachpersonal, um einmal erlassene Vorschriften wirkungsvoll kontrollieren zu können. Zum anderen bedienen sich Müllschieber zusehends des Tricks, Abfälle als „Wirtschaftsgüter“ zu deklarieren. Das neue Bundesabfallgesetz, das kaum noch Müll, dafür aber „wiederverwertbare Rohstoffe“ kennt, öffnet dieser Praxis nach Ansicht von Greenpeace Tür und Tor. So sei zu befürchten, daß etwa mit dem Grünen Punkt versehener Verpackungsmüll unter dem Vorwand des Recycling in andere Staaten verschoben werde. Udo Bünnagel

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