: Odyssee der TU-Besetzer geht weiter
■ Asylbewerber wollen das Rangsdorfer Heim nicht räumen/ Proteste gegen den geplanten Umzug
Rangsdorf. Vor einem Jahr waren 23 Asylbewerber aus den neuen Bundesländern vor dem Ausländerhaß nach Berlin geflohen, nun müssen sie wahrscheinlich ihren neuen Zufluchtsort räumen. In Rangsdorf, einige Kilometer südlich von Berlin, leben zur Zeit 120 Asylbewerber in den Bungalows eines ehemaligen Betriebsferienheims. Sie verstehen sich gut mit der Bevölkerung. So zumindest schildert es der Arbeitskreis Asyl in der Kirche.
Eigentlich sollten die Flüchtlinge gestern von Rangsdorf in das nahegelegene Großbeuthen verlegt werden. »Eine Räumung kann man das nicht nennen, das sollte ein Umzug auf freiwilliger Basis sein«, erklärt Michael Ulrich vom Zossener Landratsamt. Das sahen die Flüchtlinge jedoch offenbar anders. Als gestern früh etwa zwanzig Polizisten vor dem Heim aufmarschierten, gingen die Asylbewerber zusammen mit dem Pfarrer der Gemeinde zum Landratsamt und protestierten. »Dabei war die Polizei nur zum Schutz der Leute da, das hielten wir nach den Berichten aus Rostock für besser«, behauptet Michael Ulrich.
Die Asylbewerber wollen nicht nur wegen der guten sozialen Kontakte in Rangsdorf bleiben. Sie scheuen auch die schlechten Verkehrsverbindungen und den Mangel an Einkaufsmöglichkeiten im 200-Seelen-Dorf Großbeuthen. Außerdem bieten die verschiedenen Bungalows im Rangsdorfer Heim mehr Privatsphäre als das ehemalige Lehrlingswohnheim in Großbeuthen.
Grund für die geplante Verlegung ist nach Angaben der Kreisverwaltung die mangelhafte Heizung in dem Rangsdorfer Heim. Zwar haben die Betreiber des Heims schon im Frühjahr Fördermittel vom Land Brandenburg für den Einbau von Heizungen beantragt. Diese wurden ihnen jedoch nicht bewilligt, weil sie keinen Mietvertrag vorlegen konnten. Das Gelände steht unter Treuhand- Verwaltung und kann in den nächsten zehn Jahren, da Ansprüche auf Rückerstattung bestehen, nicht vermietet werden.
Die Kreisverwaltung habe »beim besten Willen nicht die Mittel, die Heizung zu bezahlen«, sagt Ulrich. »Ein gutes soziales Umfeld und Engagement sind schön und gut, aber damit allein ist den Menschen im Winter nicht gedient«. Dagegen meint Hanne Garrel vom Berliner Arbeitskreis »Asyl in der Kirche«: »Es wäre eine Schweinerei, das Heim zu schließen. Schließlich ist es eines der besten in Brandenburg, und die Menschen fühlen sich dort wohl.« Hanne Garrel hat 23 Flüchtlinge in Rangsdorf untergebracht, die vor einem Jahr aus den neuen Bundesländern, wo sie sich nicht mehr sicher fühlten, nach Berlin geflohen waren und über längere Zeit Räume der Technischen Universität besetzt hatten. Gerade für diese Menschen sei es wichtig, jetzt in Rangsdorf bleiben zu dürfen, sagte Garrel.
Über die Zukunft des Heims ist noch nicht endgültig entschieden. Das Landratsamt plant auch weiterhin, die Asylbewerber in das kleine Großbeuthen zu verlegen. Jetzt soll ein »Runder Tisch« gebildet werden, an dem die Kreisverwaltung zusammen mit den Betreibern des Heims und den Betroffenen über deren zukünftige Unterbringung beraten will. mh
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