Sarajevo: Erfolg der bosnischen Offensive?

■ Carrington legt Vorsitz der EG-Jugoslawienkonferenz nieder/ Islamische Staaten fordern „härtere Maßnahmen“ zur Beendigung des Krieges/ Serben verweigern UNO-Vertreter Zugang zu Lager

Sarajevo (dpa/AP/taz) — Einen Tag vor Beginn der Jugoslawien- Konferenz in London hat der Vorsitzende der EG-Friedenskonferenz zu Jugoslawien, Lord Carrington, seine aktive Vermittlerrolle auf dem Balkan aufgegeben. Der Grund hierfür dürfte zum einen in der Erfolglosigkeit seiner bisherigen Vermittlungsbemühungen liegen: Mehrere von ihm vereinbarte Waffenstillstandsabkommen waren gebrochen, seine Tätigkeit nicht zuletzt von UNO-Generalsekretär Ghali als „unkoordiniert“ kritisiert worden. Zum anderen sollen bei der Londoner Konferenz die Friedensbemühungen auf eine „breitere Grundlage“ gestellt werden, vorgesehen ist eine stärkere Beteiligung Rußlands.

Bosnischen Truppen ist es nach Angaben ihrer Führung gelungen, den serbischen Belagerungsring um Sarajevo zu durchbrechen und in die Vorstadt Ilidza vorzustoßen. Der Kommandeur der Regierungstruppen, Sefer Halilovic, berichtete, seine Soldaten hätten gegen verbissenen serbischen Widerstand den wenige Kilometer entfernten westlichen Vorort teilweise erobert, eingenommen worden sei auch der Bunker des bisherigen serbischen Hauptquartiers. Halilovic räumte aber ein, daß die Offensive wegen der Häuserkämpfe nur „sehr langsam“ vorankomme.

Die Offensive der Moslems hatte am Wochenende mit Hauptstoßrichtung Nordwesten begonnen. Eines der Ziele ist es offenbar, einen Landkorridor zu dem im Westen liegenden Flughafen herzustellen, um die Versorgung der Stadt durch Hilfsflüge zu sichern.

Vor einer „Kantonisierung“ Bosnien-Herzegowinas haben die UNO- Sprecher zahlreicher islamischer Länder gewarnt. Bei einer Sondersitzung der UNO-Vollversammlung forderten sie am Montag in New York stattdessen eine „härte Haltung“ der UNO: Zur Beendigung der Kämpfe und Wahrung der territorialen Integrität Bosniens solle der Weltsicherheitsrat „dringend“ über weitere Maßnahmen unter dem Kapitel VII der UNO-Charta entscheiden. Diese Formulierung ist nach Ansicht von Beobachtern eine kaum verhüllte Forderung nach Kampfeinsätzen unter UNO-Mandat. Resolutionen der Vollversammlung sind allerdings nicht bindend, der Sicherheitsrat entscheidet unabhängig.

Dem früheren polnischen Premier Tadeusz Mazowiecki, der im Auftrag der UNO-Menschenrechtskommission als Sonderberichterstatter durch Ex-Jugoslawien reist, ist der Besuch des von Serben eingerichteten Gefangenenlagers Manjaca in Nordbosnien verweigert worden. Vielsagende Begründung der serbischen Behörden: Mazowiecki sei außerhalb der Besuchszeit in Manjaca eingetroffen, über ein Einreisevisum in die „Serbische Republik“ Bosniens habe er nicht verfügt. her