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Schufa-Daten ganz privat angezapft

■ Wie sich ein Bremer mit Beharrlichkeit durch den Dschungel des Datenschutzes schlägt

Angefangen hatte alles ganz harmlos. Jürgen B. (30) wollte von der Schufa Bremen nur wissen, welche Daten über seine Person gespeichert sind. Die Schufa, die eigentlich „Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung“ heißt (Banken und Versicherungen treffen sich hier zum lustigen Datentausch über ihre Kunden), schickte die gewünschte Auskunft. Und damit beginnt die Geschichte.

Laut dieser Schufa-Auskunft vom 26.5.92 erhob eine Bremer Bank gegen Jürgen B. nicht nur eine „uneinbringliche Forderung“ in Höhe von 4.680 Mark, sondern angeblich hatte Jürgen B. auch bei einer Kölner Bank um einen Kredit angefragt, worauf die Bank mit einer Anfrage an die Schufa reagiert hatte und seine Daten nach Köln abrief.

Beides verdutzte den Bremer. Denn über die 4.680 Mark hatte er zu dem Zeitpunkt der Schufa-Abfrage einen Vergleich und einen Rückzahlungsmodus verabredet, von dem in der Schufa-Auskunft jeder Hinweis fehlte. Außerdem, und das wog fiel schwerer, konnte sich B. nicht daran erinnern, jemals in Köln einen Kreditantrag gestellt zu haben.

Jedoch gab es da einen Verwandten von Jürgen B., wohnhaft zu Köln am Rhein und von Profession Bankangestellter. Zufällig war dieser Verwandte bei der Bank angestellt, die die Kreditanfrage getätigt hatte. Im Klartext: Sein Verwandter hatte sich für private Zwecke mit dem Kreditschlüssel Zugang zu den Schufa- Daten verschafft. Der Grund: Ein Familienzwist.

B. schaltet den Datenschutzbeauftragten ein. Ein ausführlicher Briefwechsel zwischen der Kölner Bank, der Schufa Bremen und B. entsponn sich, im Eigenstudium fraß sich B. durch das Datenschutzgesetz. Die Bank in Köln verhalf zu einem ersten Erfolg: Sie bestätigt, daß der Verwandte Georg B. für Privatinteressen die Daten eingefordert hat. Der Mann wird gefeuert. Dann erklärt die Bank: „Da somit der Sachverhalt aufgeklärt ist, betrachten wir Ihnen gegenüber die Angelegenheit als erledigt.“

Auch der Bremer Datenschützer hat inzwischen ermittelt. Die Eintragung sei datenrechtlich unbedenklich. Allerdings stellt der Datenschützer auch fest: Die Datenabfrage der Kölner Bank war unzulässig.

Die Schufa in Bremen macht für den Datenmißbrauch jetzt die Stadtsparkasse zuständig. „Unsere Kunden haben laut Vertrag die Pflicht, auf die Einhaltung des Datenschutzes verpflichtet“, lautet die Auskunft der Schutzgemeinschaft, die Kölner Bank schweigt. B. will jetzt auf Schadenersatz klagen. mad

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