piwik no script img

Kabinett schickt Müll in die Verbrennungsöfen

■ Technische Anleitung für Siedlungsabfälle verabschiedet Das Ende für die klassische Hausmülldeponie

Bonn/Berlin (AP/taz) — Das Bundeskabinett hat gestern in Bonn eine Technische Anleitung (TA) Siedlungsabfälle beschlossen. Städte und Gemeinden müssen dadurch die Menge des in Deponien gelagerten Abfalls deutlich verringern, unter anderem durch die umstrittene Müllverbrennung. Bundesumweltminister Klaus Töpfer erklärte, die Verordnung, die vom Bundesrat gebilligt werden muß, bedeute das Ende der klassischen Hausmülldeponie.

Die Verordnung gilt für Hausmüll und hausmüllähnliche Gewerbeabfälle (rund 40 Millionen Tonnen pro Jahr), Bauabfälle (über 200 Millionen Tonnen) und Klärschlamm (rund 50 Millionen Tonnen). Abfälle sollen künftig so weit wie möglich wiederverwertet werden. Deshalb ist eine getrennte Sammlung von Wertstoffen, Wertstoffgemischen und Problemstoffen vorgeschrieben.

Töpfer erklärte, bei der herkömmlichen Deponie gefährdeten Sickerwasser und Deponiegase die Gesundheit der Menschen und die Umwelt. Künftig sollten nur noch Abfälle abgelagert werden, die auch auf lange Sicht keine negativen Auswirkungen auf die Umwelt befürchten ließen. Für Abfälle, die diesen Anforderungen nicht genügten, sei eine Vorbehandlung erforderlich. Dafür komme nach dem heutigen Stand der Technik besonders die Verbrennung in Frage.

Nach Ansicht des Bundesumweltministers hat die vergangene Woche angeordnete Schließung der französischen Grenzen für deutschen Hausmüll deutlich gemacht, daß die Bundesrepublik die Rückstände ihres Wohlstandes in eigener Verantwortung entsorgen müsse. Trotz aller Anstrengungen zu Müllvermeidung und -verwertung werde die Wohlstandsgesellschaft auch künftig große Abfallmengen produzieren. „Wir werden daher auf Müllverbrennung ebensowenig verzichten können wie auf Deponien. Entscheidend ist, daß vorher alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft werden.“ In der Bundesrepublik werden bis zu 50.000 Deponien mit zum Teil hochgiftigen Rückständen vermutet. Solche Altlasten sollen künftig verhindert werden.

Bereits seit längerem werden bundesweit mindestens zehn Großverbrennungsanlagen geplant. Dagegen richten sich jedoch zahlreiche Bürgerproteste, weil befürchtet wird, daß auch mit moderner Filtertechnik die bei der Verbrennung entstehenden hochgiftigen Dioxine und Furane nicht vollständig zurückgehalten werden können. Viele der Stoffe, die bei der Verbrennung frei werden, werden heute außerdem noch überhaupt nicht kontrolliert. Außerdem bestehen Probleme bei der Endlagerung der durch das Seveso-Gift verunreinigten Filter.

Klaus-Dieter Feige, Abgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen, kritisierte, die Regelung zwinge Städte und Gemeinden zum Bau von Müllverbrennungsanlagen. Diese müßten dann ausgelastet werden, Müllberge würden geradezu notwendig. bün

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen