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Live-Sendung von Sat.1 fand ohne Neonazi statt

■ Demonstranten verhinderten Auftritt des Hamburger Neonazis Worch/ Er gilt als einer der Hintermänner von Rostock

Prenzlauer Berg. Rund 100 Demonstranten aus der autonomen Szene haben am Donnerstag abend den Auftritt des Hamburger Neonazis Christian Worch im »Kesselhaus« in Prenzlauer Berg verhindert. Worch, Mitglied der rechtsextremen »Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front« (GdNF), war in der Live-Sendung »Einspruch« von Sat.1 als Gast vorgesehen.

Mit eingeladen waren Rostocker Bürger, die über die Pogrome der letzten Tage mit Kontrahenten diskutieren sollten. In Presseberichten war Worch als einer der Hintermänner bei den Rostocker Angriffen auf ein Asylbewerberheim und eine Unterkunft für vietnamesische Vertragsarbeiter immer wieder genannt worden. Wie ein Beobachter der Gegendemonstration gestern gegenüber der taz erklärte, sei Worch nur für einen kurzen Moment mit seinem Wagen in den Innenhof der ehemaligen Brauerei gelangt. Angesichts der Demonstranten habe er mit seinen vier Begleitern »fluchtartig« den Ort verlassen. Vor Beginn der Sendung seien außerdem rund 20 rechtsradikale Jugendliche aus Eisenhüttenstadt in einen Seitenflügel des Gebäudes getrieben worden. Dabei hätten sie mit Gaspistolen um sich geschossen.

Schon beim Eintreffen eines Busses mit 60 geladenen Rostocker Bürgern war es zu Auseinandersetzungen gekommen. Zwei Demonstranten wurden wegen Landfriedensbruch festgenommen. Die Berichte darüber sind jedoch widersprüchlich. Während ein Polizeisprecher erklärte, der Bus und die zum Schutz eingesetzten Beamten seien »massiv mit Steinen und Flaschen beworfen« worden, wollte ein Wachleiter in Prenzlauer Berg lediglich »einen Steinwurf« gesehen haben. Bei dem Angriff soll zudem ein Rostocker Bürger eine »Kieferprellung« erlitten haben, wie eine Sat.1-Mitarbeiterin gegenüber der taz versicherte. Nur unter massivem Polizeiaufgebot konnte die Sendung schließlich durchgeführt werden.

Sat.1-Moderator Ulrich Meyer verteidigte gestern gegenüber der taz die Einladung von Worch. Es sei nicht richtig, »mögliche Organisatoren, die im Hintergrund der Rostocker Ereignisse agieren, einfach totzuschweigen«. Der Sender hätte genügend Vorsorge getroffen, daß Worch »mitnichten seinen Kram hätte erzählen können«. Unter anderem sei »in Griffweite« sein ehemaliger Bewährungshelfer plaziert worden. Meyer: »Der hätte bestimmt einiges aus der Vergangenheit von Worch geschildert.« Severin Weiland

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