: Einige neue Erkenntnisse über die Unterschiede zwischen den Geschlechtern
■ Rache oder Nicht-Rache
Rache oder Nicht-Rache
Berlin (taz) — Eine erschütternde Meldung ging unlängst durch die Sensationspresse: der größte Teil der deutschen Frauen „rächt“ sich an ihren Partnern für deren „Fremdgehen“ mit der Verweigerung im Bett. „Heute nicht, Liebling“ sei die — von den Redakteuren als hämisch empfundene — Parole in solchen Fällen. Daß die Hinwendung des Partners zu anderen Frauen vielleicht die Lust am Sex für eine Zeitlang geringfügig schmälern könne, kam den entrüsteten Auswertern einer Umfrage nicht in den Sinn. Durchweg sprachen die Meldungen von „Rache“, wenn die Frau ihren Genitalapparat nicht uneingeschränkt und ungeachtet etwaiger negativer Emotionen ganz in den Dienst des Mannes stelle. Ganz so, als habe sie böswillig den Stecker aus der elektrischen Melkmaschine gezogen.
„Emanzen-Getue“ höre ich da mit meinem inneren Ohr die angesprochenen Redakteure brüllen, und mir fällt spontan die altbewährte Antwort ein: Was würden denn die Männer tun, wenn...? Drehen wir den Spieß also mal um. Ich sprach mit einigen Experten: mit Männern.
„Würdest du nicht auch erst mal ein bißchen Schwierigkeiten mit der Intimsphäre, also erst mal keine Lust haben?“ frage ich vorsichtig meinen ersten Gesprächspartner.
„Hm — also eher das Gegenteil...“, ist die zögernde, aber doch überraschende Antwort. Wieso das Gegenteil? Dafür gab es gleich eine Reihe von Erklärungen. Erst mal will „mann“ einfach beweisen, daß er „besser“ ist. Er wolle sozusagen dort, wo sein Rivale das Feld betreten hat, eine Marke setzen. „Wie ein Hund?“ frage ich interessiert. Ja, wie ein Hund (wenn ich das unbedingt vergleichen wolle). Aber, entfährt es mir naiverweise, ist denn das Ganze nur so ein Kampf ums Revier, wobei die Beziehung zu der Frau eigentlich gar keine Rolle spielt? Na ja... Verletzt sei man natürlich auch. Doch, klar, verletzt. Aber „nur das Messer, das die Wunde geschlagen hat, kann sie auch heilen“. Wie bitte? Na ja, eben der Beweis, daß man „besser“ ist. Und irgendwie fände er die Frau in solchen Situationen sogar besonders „geil“. Das Interesse eines anderen Mannes macht sie irgendwie — begehrenswerter. Jetzt bin ich doch verwirrt. Oder haben wir nur aneinander vorbeigeredet?
Aber es gibt ja noch andere Männer. „Aussprache“ ist eine weitere Antwort auf meine Frage. Aber nicht etwa die Aussprache mit der Frau — nein, man ziehe sich bloß das nicht rein. Die Aussprache mit dem Mann, dem anderen. Einfach das Herz erleichtern über das manchmal absonderliche Verhalten der Frau zum Beispiel. Keine Hysterie, keine Tränen, keine Vorwürfe, nur ein oder zwei Bier. Man könne sich vielleicht sogar ganz gut verstehen, so „von Mann zu Mann“. Das habe ich doch schon mal irgendwo gehört?!
Dann gibt es noch die, die gar nicht reden — weder mit der Frau noch mit dem Mann, die Meister im Weggucken. (Ich brauche wohl nicht mehr über sie zu sagen, sie sind allen Frauen wohlbekannt.) Leider bekam ich kein Gespräch mit einem Vertreter dieser Spezies, dafür aber mit den anderen Betroffenen solcher Dreiecke. Sie schildern: „Mann“ tut so, als habe er nichts gehört und nichts gesehen, es sofort wieder vergessen, oder als seien andere Dinge viel wichtiger. Zum Beispiel — wen überrascht's — die Arbeit. Sie eignet sich ja überhaupt wunderbar dazu, das Herz dem Schmerz sowie übrigens auch allen anderen Emotionen zu verschließen.
Ja aber, denke ich mir, gibt es denn keinen, wirklich keinen, der überhaupt nur in Betracht zieht, daß sich zwischen ihm und seiner Freundin etwas ändern würde, so gefühlsmäßig?
Doch. Endlich kommt die offenherzige, tiefblickende, schonungslose Einsicht: „Es gibt ja immer noch die eine, letzte Möglichkeit: die Frau umzubringen.“
So weit also die Männer. Aber wir sind ja auch nicht alle nur beleidigte Leberwürste. Zum Beispiel las ich neulich in einer Berliner Zeitung: aus Rache für den Seitensprung ihres Mannes hatte eine 50jährige Frau im Namen ihrer Rivalin Waren im Wert von 17.000 DM bei einem Versandhaus bestellt. Das müßte Euch, Männer, doch eigentlich imponieren, oder? Renate Graßtat
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