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Anschlag auf jüdisches Mahnmal in Tiergarten

■ Kein Bekennerschreiben, aber Staatsschutz vermutet Täter aus rechtsradikaler Szene/ Erster Anschlag seit 1984/ Rostocker Pogrome führen zu blindem Haß: Überfallener Skinhead liegt immer noch schwer verletzt im Krankenhaus

Berlin. Das jüdische Mahnmal an der Putlitzbrücke in Tiergarten ist durch einen Bombenanschlag schwer beschädigt worden. Nach Angaben des Staatsschutzes explodierte in der Nacht zum Montag ein Sprengkörper, der in einem Metallbehälter untergebracht war und offenbar elektronisch gezündet wurde. Durch die Detonation wurde die Granitplatte des Mahnmals verschoben und eine Stütze der V-Konstruktion in Mitleidenschaft gezogen.

Wie der stellvertretende Leiter des Staatsschutzes, Peter Haeberer, gestern gegenüber der taz erklärte, sei es das erste Bombenattentat auf ein jüdisches Mahnmal in Berlin seit 1984. Die Täter werden im rechtsradikalen Umfeld vermutet. Neben der Art und Weise des Anschlags spreche dafür auch die Tatsache, daß bisher kein Bekennerschreiben eingetroffen sei, so Haeberer. Wie er weiter erklärte, hätten durch die Wucht der Explosion Personen gefährdet werden können, wenn sie unmittelbar neben dem Denkmal gestanden hätten.

Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) verurteilte den Anschlag als »häßliche Provokation«, der in Zeiten zunehmender Gewalt von Rechtsextremisten »besonders heftig« schmerze. Die Jüdische Gemeinde erinnerte an die Folgen, die »derartige Taten in diesem Land vor 50 und mehr Jahren einbrachten«. Die neu erwachte Bewegung des Hasses und der Zerstörung müsse mit allen rechtsstaatlichen Mitteln bekämpft werden.

Das Denkmal, das an die Deportation der Berliner Juden im Jahr 1942 erinnert, war in der Vergangenheit schon mehrmals von Rechtsradikalen geschändet worden. Erst im April wurde es mit Fäkalien besudelt.

Zusammengeschlagener Skinhead kein Neonazi

Die Rostocker Pogrome führen offenbar zu blindem Haß — auch auf seiten der Linken. Wie die taz am Montag berichtete, war Samstag nacht der 20jährige Skinhead R. von einer Gruppe Jugendlicher auf der Potsdamer Straße, Ecke Alvenslebenstraße zusammengeschlagen worden. R. liegt derzeit mit einer Gehirnerschütterung, Prellungen am Rücken, einem gebrochenen Finger und Verletzungen am rechten Arm im Krankenhaus und wird am Donnerstag operiert. Wie R., ein Auszubildender aus Pankow, gestern gegenüber der taz versicherte, habe er als Skinhead »nie der Neonazi- Szene« angehört. Im Gegenteil: Von der zehnköpfigen Gruppe, mit der er am Samstag ein Ska-Konzert in der linken Szenekneipe »KOB« in der Potsdamer Straße besuchen wollte, seien zwei Anhänger der »Skinheads against racial prejudice« (Skinheads gegen rassistische Vorurteile) gewesen.

Die Gruppe sei nach dem Verlassen der in unmittelbarer Nähe gelegenen Kneipe »Ossi« plötzlich von »rund 40 deutschen und türkischen Jugendlichen« umringt worden. Trotz mehrfacher Rufe »Wir sind keine Nazis« sei die Gruppe überfallen worden. Er selber habe noch beobachten können, wie jemand einem Freund eine Eisenstange in die Magengrube gerammt und ihn anschließend mit Tränengas besprüht hätte. Kurz darauf habe man ihn mit der Eisenstange bewußtlos geschlagen. R.s Eindruck: »Die Leute waren richtig begeistert, weil sie dachten, wir wären Nazi-Skinheads, und jetzt kann man die mal killen.« Bewohner über dem KOB zeigten sich gestern vom Vorfall betroffen. Eine Bewohnerin zur taz: »Klar ist das Scheiße.« Severin Weiland

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