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Somalia: Mehr Hilfe und mehr Überfälle

Berlin (taz) — Im Wettlauf um die Hungerhilfe für Somalia hat sich die EG jetzt nach eigenen Angaben an die Spitze gesetzt: Mit einem neuen Hilfsprogramm im Wert von 6 Millionen Ecu (12,4 Millionen Mark) sollen die bisherigen Hilfsaktionen fortgesetzt werden, die schon jetzt ein Volumen von 185.000 Tonnen Lebensmitteln erreicht haben sollen— mehr als die von den USA versprochenen 145.000 Tonnen. Das von Hilfsorganisationen in aller Welt geäußerte Ziel, Somalia mit Lebensmitteln zu „überschütten“, rückt damit ein Stück näher. Seit Freitag steht auch die langangekündigte US-Luftbrücke vom kenianischen Mombasa nach Somalia, die sich zunächst wegen Differenzen mit dem Internationalen Roten Kreuz verzögert hatte. Ein erstes Flugzeug mit 34 Tonnen Lebensmitteln landete in Belet Huen nahe der äthiopischen Grenze, wo 200.000 Menschen auf Hilfe angewiesen sind.

Was die Hilfswelle bewirken kann, zeigt sich allerdings in der somalischen Hauptstadt Mogadischu, wo der gesamte Treibstoffvorrat des UNO-Somalia-Hilfsprogramms gestohlen worden ist. Der Vorfall ereignete sich am Freitag, als eine bewaffnete Gruppe das Hafengelände stürmte. Außer den 200 Fässern Benzin erbeutete sie 25 Lastwagen und 300 Tonnen Lebensmittel. In einem zweiten Zwischenfall in Mogadischu wurden zwei der 50 unbewaffneten UNO-Beobachter — ein Ägypter und ein Tschechoslowake — angeschossen. Augenzeugen sagten, mehrere Jeeps seien auf den UNO-Wagen zugefahren, und die Insassen hätten gezielt das Feuer eröffnet. Tatort: der Südteil Mogadischus, wo General Farah Aidid das Sagen hat. „Der Anschlag kann für das gesamte somalische Volk schwere Folgen haben“, warnte daraufhin am Sonntag Mohamed Sahnoun, der UNO-Beauftragte für Somalia.

Zeitgleich zum Anschlag hatte Aidid sich gegen das UNO-Vorhaben ausgesprochen, zusätzlich zu den erwarteten 500 Blauhelmen in Mogadischu 3.000 weitere UNO-Soldaten in anderen somalischen Städten zu stationieren. Weil „Einmischung von außen kein Problem“ löse, so Aidid gegenüber der UNO bei einem Treffen in seinem Hauptquartier in Bardera, sollten lieber Somalis zu Polizisten ausgebildet werden. Die Vergrößerung der Blauhelm-Truppe wurde dennoch am Wochenende vom Weltsicherheitsrat gebilligt. Sie sollen allerdings erst in Somalia eintreffen, wenn niemand im Land mehr dagegen ist — und das könnte lange dauern. Abdulkarem Ali Ahmed, Generalsekretär von Aidids Organisation „Vereinigter Somalischer Kongreß“ (USC), hat den UNO-Beschluß bereits kritisiert: 500 Mann wären „schon genug“. D.J.

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