: DER FREMDE J. CAGE Ein Musikfest aus dem Radio
Ein paar Wochen vor den Ehrungen und Uraufführungen zu seinem 80. Geburtstag starb der amerikanische Komponist John Cage an einem Schlaganfall.
Cage sprengte immer wieder die Grenzen der herkömmlichen Musik. Er erfand das präparierte Klavier, und er befreite die Musik vom Zugriff des Komponisten: das fernöstliche Weisheitsbuch I-Ging lieferte die Zufallsoperationen, die entschieden, welcher Ton gespielt werden sollte, und Cage erfand immer neue Konstellationen und Situationen für diese Töne: „Ich höre die Musik nicht, die ich schreibe. Ich schreibe, um die Musik zu hören, die ich noch nicht gehört habe.“
Die Musik des in Bremen seit 1960 immer wieder gespielten Komponisten bildete schon auf der „pro musica nova“ im Mai einen Schwerpunkt — jetzt wird eines dieser Konzerte gesendet (6.9.).
Eingeleitet wurde dieses Konzert mit einem Vortrag des Cage- Kenners Dieter Schnebel: Der fremde Cage .Dieser Komponist machte nämlich nicht nur Musik, sondern er malte, zeichnete, schrieb und verband alles miteinander zu übergreifenden Kunstwerken. Das wird auch das Thema eines Gespräches im Deutschlandfunk unter der Leitung von Reinhard Oehlschlägel sein: Der Klang ist der Klang ist der Klang (7.9.).
Insgesamt 7 (!) Sendungen, die u.a. Cages Auseinandersetzung mit den Werken von Erik Satie und James Joyce zum Thema haben, macht der WDR aus seinem Fundus älterer Aufnahmen — aber leider auf WDR 5 und damit nur für Leute mit guter Antenne zu empfangen (6., 9., 13., 16., 20. und 23. September).
Im Mittelpunkt der diesjährigen Festivals, die nun unvermittelt zu Nachrufen werden, steht natürlich das Spätwerk John Cages. Der WDR plant für den 19. September die Uraufführung des Orchesterstückes 103 mit dem abstrakten Film One11 (Sendetermin s. u.). Seit 1987 tragen viele Werke als Titel nur die Anzahl der beteiligten MusikerInnen, wie z. B. One, Two und Three — mehr darüber sagt Gisela Gronemeyer im Deutschlandfunk (9.9.).
Noch mehr späte Stücke werden morgen abend, an Cages Geburtstag, in der alten Oper Frankfurt uraufgeführt: Twenty-six , Twenty-nine und Twenty-eight . Dazu erklingen Renga with Appartmenthouse , zwei (simultane) Stücke, die Cage 1976 zur 200 Jahr-Feier der USA schrieb. Anschließend gehts mit älteren Aufnahmen weiter: u. a. interpretiert Ernst Jandl 45 Minuten für einen Sprecher.
Übrigens, wer nur den NDR empfangen kann, muß in diesem Tagen cagemäßig in die Röhre hören — aber morgen von 9.10 bis 12.00 sitzt Wolfgang Knauer am Telefon von Klassik auf Wunsch (040/41612) ...
Auch das Fernsehen macht sich rar, obwohl eine ganze Reihe Filme mit, von und über Cage gibt — einzig 3-SAT sendet morgen ein Portrait.
Ein letzter Tip: machen Sie das Radio aus und feiern Cages Geburtstag mit seiner Komposition 4'33 bei sich zu Hause: laden Sie Ihre FreundInnen ein, öffnen Sie die Fenster, setzen Sie sich ans geschlossene Klavier (oder was Ihnen sonst passend erscheint) und spielen genau 4 Minuten und 33 Sekunden lang nicht.
Wilfried Wiemer
Sendetermine:
3-Sat, 23.25-0.10 Uhr: Die Utopie im Niemandsland.
6.9., RB 3, 19.15-21.00 Uhr: Der fremde Cage (Vortrag); Music Walk/WBAI (Konzert)
7.9., Deutschlandfunk, 10.10-11.30 Uhr: Der Klang ist der Klang ist der Klang (Gespräch)
RB 3, 17.05-17.10 A dip in the Lake
9.9.: Deutschlandfunk, 22.15-23.00: One, Two und Three. 29.9., WDR 3: 103
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