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Der Lendenschurzjäger als Umweltheini

■ Ich Müsli, du Jane

Ich Müsli, du Jane

Hamburg (dpa/taz) — Tarzan, seit Jahrzehnten Filmidol und beliebter Werbeträger für Hustenbonbons, feiert eines seiner vielen Comebacks. Diesmal schwingt sich der Urwald-Schreihals als Bananen liebender Öko-Freak auf den Bildschirm zurück. Auch sein Affe geht mit der Zeit: Der zutrauliche Schimpanse Cheetah hat — voll im Fitneß- Trend liegend — eine wahnsinnige Abneigung gegen Raucher entwickelt. Vom 27. September (17 Uhr) an stellt der 32jährige Schauspieler Wolf Larson in der ersten Folge einer 26teiligen „Tarzan“-Serie bei Sat.1 unter Beweis, daß auch muskelbepackte Waldmenschen lernfähig sein können.

Der Deutsch-Kanadier Larson tritt als 19. Film-Tarzan in die Fußstapfen des berühmten Naturmenschen, dessen Mythos vom „edlen Wilden“ achtzig Jahre zurückliegt. 1912 veröffentlichte der amerikanische Goldgräber und Cowboy Edgar Rice Burroughs den Groschenroman „Tarzan, der Affenmensch“. Burroughs erkannte schnell die Publikumswirksamkeit des Lendenschurzträgers und publizierte 1914 den ersten „Tarzan“-Roman, der alle Verkaufserfolge schlug und in insgesamt 56 Sprachen übersetzt wurde. Das Naturkind machte seinen Schöpfer zum vielfachen Millionär und gab in Los Angeles einem Stadtteil seinen Namen „Tarzana“.

Hollywood verfilmte die Geschichte des Dschungel-Königs mehr als vierzigmal. Der bekannteste Leinwand-Tarzan dürfte der sechste gewesen sein: „Olympia“- Schwimmer Johnny Weissmuller. Der Österreicher mit amerikanischer Staatsangehörigkeit spielte in der ersten Tonverfilmung Tarzans (1932) den „bon sauvage“ und etablierte den Tarzan-Schrei, eine Mischung aus mehreren Tierstimmen. Im Gegensatz zum ersten Kintopp-Tarzan Elmo Lincoln stellte Weissmuller die zivilisierte Variante des Urwald- Fürsten dar. In den USA avancierte der Sportler zum Filmliebling der ganzen Nation.

Dem Jugendidol folgten vergessene Helden wie Buster Crabbe (1933), Herman Brix (1938) und Glenn Morris (1938). Mit Lex Barker erlebte Tarzan ein Revival der „intellektuellen“ Art. Der spätere „Old Shatterhand“-Darsteller mußte — anders als seine Vorgänger — längere Passagen sprechen. Ron Ely, Serien-Tarzan der sechziger und siebziger Jahre, stand Wolf Larson in beratender Funktion zur Seite und tritt in einer Folge als sein Kontrahent in Aktion. Erwähnenswert sind noch die schauspielerischen Leistungen des 17. Herrschers der Affen, Christopher Lambert.

Ob der blondgelockte Yuppie Wolf Larson mit der Popularität eines Weissmullers konkurrieren kann, bleibt abzuwarten. Die Auseinandersetzung mit der Umweltproblematik und der Naturzerstörung nimmt teilweise einen moralisierenden Charakter an. So sind plakative Äußerungen wie: „Gute Menschen erhalten die Natur — böse zerstören sie“ keine Seltenheit und verdeutlichen den „bewußten“ Anspruch des Öko-Tarzans der 90er Jahre. Auch Partnerin Jane erfährt eine Veränderung. Die 27jährige Lydie Denier spielt die Biologin Jane Porter mit Köpfchen und Selbstbewußtsein. „Sie akzeptiert ein Nein nicht als Antwort“, sagte das französische Ex-Fotomodell über ihre Rolle als Affenmensch-Gespielin.

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