: Ungleiches Gelingen
■ Vorletzte Doppelpremiere bei Movimientos: Die Frankfurter Compagnie S.O.A.P. und die mexikanische Tanztheatergruppe Utopia
: Die Frankfurter
Compagnie S.O.A.P. und die
mexikanische Tanztheatergruppe Utopia
Nach einigem Leerlauf schwang sich das Sommertheater-Festival kurz vor Schluß doch noch einmal zu einem Höhepunkt auf. Die Frankfurter Compagnie S.O.A.P. unter der Leitung des portugiesischen Choreografen Rui Horta bot mit Domestic Arrangements beeindruckendes, streckenweise brillantes Tanztheater.
Beinahe perfekte Tänzer und Tänzerinnen, die chirurgische Präzision der Choreografie, ein stilvoll geschaffenes Ambiente aus dunklen Holzwänden und -körpern und kühlem Metall sowie die romantisch-wilden Kompositionen von Etienne Schwarz fügten sich zu einer spannenden Einheit, die über eineinhalb Stunden nichts an Intensität verlor.
Sicherlich ging es dabei nicht um große Gefühle und seelische Wallungen - die „häuslichen Anordnungen“ lieferten die schön stilisierte Emotion, verpackt in kurze Beziehungsgeschichten. Es war die grausame formale Genauigkeit und der sehr amerikanische Humor, die die Begeisterung kitzelten, nicht die Momente poetischer Analyse, die, ab und an mit Texteinwürfen versucht, meistens mißlangen. Die seriöse Kühle, die Eleganz, die souveräne Berherrschung eines sich immer wieder wandelnden Bewegungsrepertoires in den meistens nur zu zweit oder dritt getanzten Szenen und die kaum zu überbietende Exaktheit im Fügen von Einzelheiten zu einem stimmigen Ganzen, kurz: die formale Raffinesse erreicht bei S.O.A.P. eine selten erlebte Perfektion.
Derlei Raffinessen mochte man am gleichen Abend in der Halle 4 vermissen: Dort erlebte das Tanztheaterstück Ulises (en espera de...)
1von dem mexikanischen Choreografen Marco Antonio Silva und seiner Compagnie Utopia Premiere. Doch leider erweist sich die als moderne, den antiken Mythos der Odyssee wieder aufwerten wollende Bühnenproduktion als ebenso unglückliche wie unzeitgemäße Interpretation des Stoffes. Denn Marco Antonio Silva, in der Rolle des „ewig Reisenden“ Odys-
1seus, hatte gleich drei sich nach dem Gatten verzehrende Penelopes (Penelopen?) an seine Seite berufen.
Selbst das hätte noch spannend werden können. Doch, sei es Regieanweisung, sei es Selbstverständnis: Die drei Tänzerinnen waren dazu verdammt, einen Reigen des weiblichen Wehklagens, der Einsamkeit und der Sehnsucht nach
1dem Manne anzustimmen. Die schöne Kargheit des Bühnenbildes vermochte die Wirkung der übertrieben emotionalisierten Körpersprache nicht zu mildern.
So blieb die Produktion, trotz einiger gelungener choreografischer Einfälle, schließlich im faden Rollenspiel eines Macho-Odysseus und seiner untröstlichen Bräute stecken. T.Briegleb/M.Bausch
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