Zielkonflikt

■ Überraschender CDU/CSU-Vorschlag für ein Transplantationsgesetz

Mit dem Entwurf der beiden CDU/CSU-Rechts- und Gesundheitspolitiker Geis und Hoffacker bekommt die Debatte um ein Transplantationsgesetz eine ethische Orientierung, die bisher weitgehend vermieden wurde. Wo und wann immer die Transplantationsmedizin nach Sinn und Ziel befragt wurde, blieb sie die Antwort schuldig. Die Politik ließ sie machen, die Kirchen gaben ihren Segen. Doch ist das Amen noch nicht gesprochen.

Daß eine gesetzliche Regelung der Organentnahme gebraucht wird, steht außer Frage. Die medizinischen, ethischen und rechtlichen Probleme sind zu offenkundig und dürfen nicht weiter ärztlichen Übereinkünften und dem medizinischen Gang der Dinge überlassen werden. Es ist den beiden Unionspolitikern deshalb durchaus Courage zu unterstellen, wenn sie in ihrem Vorschlag die Ansicht vertreten, daß die betroffenen PatientInnen „allenfalls auf eine Regelung überhaupt, nicht jedoch auf eine bestimmte, ihre Interessen in den Vordergrund stellende Lösung (haben)“, und hinzufügen: „Eine Interessenkollision zwischen ihm (dem potentiellen Organspender, der ja zunächst auch als Patient zu gelten hat, G.W.) und dem potentiellen Organempfänger muß durch eine gesetzliche Regelung soweit als möglich ausgeschlossen werden“.

Kaum zu glauben. Mit diesem Anliegen ist die Fraktion der Grünen, die mit ihren Großen Anfragen „Probleme der modernen Transplantationsmedizin“ die wohl profilierteste Arbeit zu diesem Thema vorgelegt haben, wiederholt im Bundestag abgeblitzt.

Doch das restriktive Modell der Widerspruchslösung scheint vom Tisch. In den siebziger Jahren ist es einfacher gewesen, eine politische Mehrheit zu beschaffen, die den medizinisch-technischen Fortschritt über das Recht auf Selbstbestimmung stellte. Jetzt, wo die Gefahren der Organspende offensichtlich sind, will sich niemand mehr — außer dem Verband der Nierentransplantierten — guten Gewissens dafür erwärmen. Die Entscheidung wird also zwischen der Informationslösung, einer modernistischen Fortschreibung der alten Widerspruchslösung, und der Zustimmungslösung zu treffen sein.

Es bleibt abzuwarten, auf welches Konzept sich die Gesundheitsministerkonferenz von Bund und Ländern im Herbst einigen wird. Angestrebt sind bundeseinheitliche Länderregelungen. Schlichte Rechts-links-Muster sind, will man Schlimmeres verhüten, nicht (mehr) gefragt. Gisela Wuttke